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juni 1901 209
immereinElementdesRomansgewesen ist.Siekönnensichdarauf
155 berufen,damitnur durchaus inder gutenTraditionzusein.
NunmagesernstdenkendenMenschenfreilichseltsamvorkommen,
wie denn eine eigene Gattung blos zur Darstellung des Erotischen
entwickelt und durch einige tausend Jahre gepflegt werden konnte.
SieunterschätzennämlichwohldieBedeutung,welchedieFälleder
160 LiebefürdenGeistdesMenschenhaben.EsistvielleichtkeinZufall,
daßesGelehrtesind,diedengriechischenRomanvorbereiten.Esist
vielleicht dieselbe Leidenschaft, das Leben zu erkennen, welche sie
zugleich nach den Sitten fremder Länder forschen und auf Erzäh-
lungen von der Liebe achten läßt. Es scheint, daß das Erotische ein
165 Mittel ist, sichdesSinnesunseresDaseinszubemächtigen.
Wasauch alsWahrheitoderFabel
In tausendBücherndir erscheint,
DasAlles ist einThurm zu Babel,
Wennes dieLiebe nichtvereint–
170 damitdrücktGoetheeineuralteEmpfindungderMenschheitaus.Er
hat sie im »Wilhelm Meister« einmal noch einfacher und noch inni-
gergeschildert:»AlserausdemerstenTaumelderFreudeerwachte
und auf sein Leben und seine Verhältnisse zurückblickte, erschien
ihmAllesneu,seinePflichtenheiliger,seineLiebhabereienlebhafter,
175 seine Kenntnisse deutlicher, seine Talente kräftiger, seine Vorsätze
entschiedener.«GanzähnlichsagtAntipholus inder»Komödieder
Irrungen«:
Lehr’mich,Geliebte,prüfen,denken, sprechen;
Entfaltemeinen irdischgrobenSinnen:
180 Wiemag ich, wahnumstrickt,bethörtvonSchwächen,
DenInhaltdeinesdunkelnWortsgewinnen?
Bistdu einGott?Willstdumichneuerschaffen?
Verwandlemich,dir folg’ ich, schönesBild!i
Undganz ähnlich Byron inder »VerlorenenLiebesmüh«:
185 Wiehättet Ihr,o Herr,und Ihr undIhr
ErforschtdieHerrlichkeitderWissenschaft,
Half euch dieSchönheitnichtderFrau’ngesichter?
AusFrauenaugenzieh’ ichdiese Lehre;
Sie sindderGrund,dasBuch,diehoheSchule,
190 Ausder Prometheus’ echtesFeu’rentglüht.
... Lieb’, inFrauenaugenerstgelernt,
Lebtnichtalleinvermauert im Gehirn,
Nein,mitder Regung aller edlenGeister
Strömtsiegedankenschnell durch jedeKraft
195 Undzeugt jedwederKraftzwiefacheKraft,
Weithöherals ihrWirkenund ihrAmt.
Die feinsteSchärfe leiht siedem Gesicht;
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
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- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916