Seite - 251 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
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märz 1903 251
alles war so wienerisch und doch so neu, daß man sich vor Vergnü-
gengarnichtfassenkonnte,undalsnungarseine»Liebelei«kam,die
20 freilich im dritten Akt schon diese enge Welt einer städtischen Ero-
tikverläßt,uminsMenschlichezudringen,dawarerüberNachtmit
einem Male berühmt. Es war nun nur die Gefahr, daß er sich, vom
Erfolge verlockt, zur Manier verführen lassen und sich behaglich,
wiemancherder jungenPariser injenerZeit, sozusagenalscochon
25 tristeetablierenwürde;undichhabedieseBefürchtungdamalsaus-
gesprochen, gereizter und heftiger, als es notwendig gewesen wäre,
abereigentlichdochineinergutenGesinnung:dennesgalt, ihnvon
seiner nächsten unmittelbaren Welt weg über sich selbst, über Lau-
nenundGrillendesTageshinauszureißenundebendadurcherstzu
30 sich, zur Besinnung, zur Entwicklung zu bringen. Goethe hat ein-
malzuEckermanngesagt:»SolangeeinDichterbloßseinewenigen
subjektivenEmpfindungenausspricht, isternochkeinerzunennen;
aber sobald er die Welt sich anzueignen und auszusprechen weiß,
ist er ein Poet. Und dann ist er unerschöpflich und kann immer
35 neu sein, wogegen aber eine subjektive Natur ihr bißchen Inneres
baldausgesprochenhatundzuletztinManierzugrundegeht.«Diese
Probe hatte Schnitzler zu bestehen, das war mein Gefühl. Er hätte
mich aber gar nicht gebraucht, denn in ihm ist jene wunderbare
Ungeduld der ganz ehrlichen Menschen, die sich niemals beruhi-
40 gen,beikeinemErfolgeverweilen,sondernunerbittlichvonsichdas
Höchstezufordernentschlossensind.Vom»Anatol«zum»Schleier
der Beatrice«, welch ein Weg! Wie muß dieser Dichter mit sich
gerungen, wie vielem muß er entsagt, wie unablässig muß er sich
ausgebildet haben! Man sollte wirklich meinen: schon aus Respekt
45 vordieserhohenArbeitallein, ausVerehrungeinersoreinenkünst-
lerischen Gesinnung hätte man ihm dankbar zujauchzen müssen.
Doch sind die Menschen ein wunderlich Geschlecht und immer
nochdenaltenEphesierngleich,dieHermodoros, ihrenwackersten
Mann,ausderStadtjagten,mitdenWorten:»Vonunssollkeinerder
50 Wackersteseinoder,wennschon,dannanderswoundbeianderen.«
DieserzähltunsHeraklitundfügt,derGrobian,hinzu:Recht täten
darum die Ephesier, wenn sie sich alle, Mann für Mann, aufhängen
unddenUnmündigen ihreStadthinterlassenwürden.
Die »Lebendigen Stunden« kennt man ja von der angenehmen Auf-
55 führung her, die Brahm voriges Jahr im Carl-Theater gegeben hat.
Von den vier in der Stimmung, im Tone so wechselnden und doch
geistigsofestzusammengehaltenenAktenwirdderletztedemPubli-
kumimmerambestengefallen;wiedaWeltmann,LiteratundDilet-
tantin sich heiter durcheinanderschlingen und ironisch umeinander
60 wiegen, das ist in der Tat charmant, mag dabei die Gerechtigkeit
auch ein bißchen verschoben sein, da doch im Leben, seien wir nur
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Buch Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- 1891 7
- 1892 18
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- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
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- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
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- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
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