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november 1905 367
830.Bahr:Tagebuch. 13.Oktober,28.10.1905
13. Oktober. Gestern, im »Zwischenspiel«, halb amüsiert und doch
wütendüberdiehochachtungsvolleFreude,diedieJudenimParkett
und in den Logen, gerade sie, an Schnitzlers jungem Fürsten haben,
vor Wonne wedelnd und nass. Merkwürdig. Gerade sie, die doch
5 unseren Adel kennen. Hier diese Frau, die einmal, aus Snobismus,
miteinemGrafengeschlafenhatunddochwissenmuss,wennsiemit
sich allein und halbwegs ehrlich gegen sich ist, dass jeder »Bocher«
im Erotischen delikater, oder sagen wir: weniger primitiv ist. Und
daneben ihr Mann, der mit Fürsten in einer Verwaltung sitzt, wo
10 man sie ja für anrüchige Geschäfte braucht, und daher doch wissen
muss,wiemoralischahnungslossiesind.Warumfrösteltsiealsovor
Ehrfurcht,wenneinAristokrataufdieBühnekommt?Warumver-
achten sie sich so? – Mir fällt da wieder jene Geschichte ein. Ein
Dichter,derJude ist, schreibteinStück.Esmissfällt einemKritiker,
15 der Jude ist; erverreisst es.Daserbittert einen anderenDichter,der
Jude ist. Und er tröstet den ersten, indem er an ihn über den Kriti-
keri schreibt, es seivondiesemnichtsandereszuerwartengewesen:
denn»IhrsoherrlichesWerkwirdkeinJudejeverstehen«.–Mirist
nurum dieKinder dieser durchReichtum verdorbenen Judenbang.
20 Bangund leid. UndHerzl ist tot.
831.OlgaanArthurSchnitzler,21.11.1905
Dienstag,21.11.05
währenddesFrisierens
Mon fils, eben kam Dein Brief, endlich! – also gestern: ich zu mei-
nemSitz,weristanmeinerLinken?HansSchlesinger,danebenseine
5 Mutter,–alsDritteimBundeGerty.DieÜberraschungwargroß;in
der2.ReiheRichardundPaula.Bahrnatürlich,aberganzwoanders.
Die Vorstellung wunderschön. Die Mildenburg viel unmittelbarer
als die Lehmann, spricht die Prosa ergreifend, singt manches wun-
derschön, manches aber sehr schlecht. »Töt erst sein Weib«, das H
10 einherausgestoßener, wüsterSchrei, vieleStellen inder Höheange-
strengtundzutief,– ja, es ist einKummer,nichteinmaldiegroßen
Sängerinnen können singen!i Und wenn ihr so was passiert, singt
sie sogar ruhig weiter, macht sich nichts draus, und sie hörts doch!
wenn das mir passierte, ich glaube ich wäre vernichtet. Die große
15 Arie »die Liebe wirds erreichen« hat von der »kalten, reflectieren-
den« Lehmann viel besser auf mich gewirkt. Sie ist doch so sicher,
bei der M. hatte ich Angst. Es gibt nur Können! Ach, arbeiten: Ich
hab wieder Mut.– Ausgezeichnet die Forst als Marcelline. Schöne
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Buch Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
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- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
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- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
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- Register 916