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österreichisches Denunziantenwesen und internationale Unwissen-
435 heit in harmonischer Vereinigung den niedrigen Instinkten der
Mengehuldigend.«
So leitet Bahr diese Kritiken ein, und ein schönes Wort des Paracel-
sus ist an ihre Spitze gesetzt: »Die Kunst gehet keinem nach, aber
ihr muß nachgegangen werden; darumb hab ich fug und verstandt,
440 daß ichsie suchenmuß undsiemichnicht.«i
Im Herrenhaus hatte sich während einer Debatte über aktuelle
Kunstfragen ein Graf Montecuccoli erhoben, um gegen die »krank-
haftenAuswüchse«inderbildendenKunstStellungzunehmen,die
sich namentlich in den Bildern von Klimt zeigten. Das Unterrichts-
445 ministeriumsollteeinederartigeKunstinkeinerWeiseunterstützen,
sondernalles aufbieten,umdieseRichtungeinzudämmen.
Bahr setzt nichts hinzu als einen Satz von Grillparzer: »In gewis-
senLändernscheintmanderMeinung,dreiEselmachtenzusammen
einen gescheiten Menschen aus. Das ist aber grundfalsch. Mehrere
450 Esel in concreto geben den Esel in abstracto, und das ist ein furcht-
baresTier.«
Gegen Mahler wird wieder einmal mit allen Mitteln gehetzt. Das
Publikum der Wiener Konzertsäle, seit jeher zunächst skeptisch,
konservativ und jeder neuen Tonsprache abgeneigt – seit Brahms
455 ist hier der allgemeinen Ansicht nach nichts Nennenswertes kom-
poniertworden–ließessichgenügen,MahlersOpernaufführungen
hervorragendzufinden;daßsichaberinseinenWerkeneinetragisch
ringendeSeeleaussprach,dasgingdenWienernzuweit.Undgering-
schätzignennensieseineSymphonien,vonderKritikdarinbestätigt,
460 Kapellmeistermusik.
Zu den ersten, die in Mahler nicht nur den großen Dirigenten, son-
dern auch den bedeutenden Komponisten erkennen und verehren,
gehörteSchnitzler.
Er fehlt bei keiner Erstaufführung seiner Symphonien, die Mah-
465 ler selbst dirigiert; regelmäßig nimmt Schnitzler im Hintergrund
der zweiten oder dritten Loge des großen Musikvereinssaales Platz,
um gut zu sehen und zu hören, selbst aber möglichst unauffällig
zu bleiben. Zu persönlicher Bekanntschaft zwischen Mahler und
Schnitzler hatte sich noch keine Gelegenheit gegeben. Aber es war
470 Mahler gewiß nicht unbekannt geblieben, welchen Bewunderer er
inSchnitzlerhatte.
InderPauseeinesseinerKonzertetrittderSekretärderGesellschaft
der Musikfreunde in Schnitzlers Loge: »Herr Doktor, Mahler läßt
SieumeinpaarZigarettenbitten, erhat seinezuhausevergessen.«–
475 Eineüberraschendeund liebenswürdigeFormersterAnnäherung.
Eine kleine Abendgesellschaft bei Mahlers Schwager, dem Geiger
Arnold Rosé bringt die beiden endlich in Verbindung. Schon diese
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
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- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
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