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solche Fragestellung bei Bahr fruchtlos. Psychologie taucht vor-
wiegend als Werkzeug des Kritikers auf und wird dazu eingesetzt,
den künstlerischen Werdegang zu erläutern. So dominiert in sei-
nen Texten die ständige Suche nach journalistischen, ästhetischen
und politischen Positionierungen. Wann immer Schnitzler Gefühle
beschreibt, schreibt Bahr Text. Wendet man diese Zuspitzung wie-
derum auf die präsentierte Kommunikation an, so erweist sich die
sichbeimLeseneinstellendeParteilichkeit fürSchnitzleralsverfüh-
rerischeFalle.ImEinsamenWegheißtes:»Wirbringeneinanderdie
Stichwortesogeschickt–esgibtpathetischeLeute,diesolcheBezie-
hungenFreundschaftnennen.«33 Bahrzitiertdas ineinerRezension,
um daran anzuhängen: »Eigentlich ist es nur Assoziation, wie die
Psychologen sagen: der ›Freund‹ ruft Erinnerungen aus einer Zeit
auf, inderwirunsselbstnoch lieberhatten.« (▷328)Misstmaneine
FreundschaftstattandenErinnerungen,diesieauslöst,andemNut-
zenfürdenjeweilsanderenunddenWirkungen,diesiezeitigt,kehrt
sich das Verhältnis um. Aus diesem Blickwinkel – öffentliches Ein-
treten für den anderen – ist es Bahr, der »unermüdlich um Deinen
[Schnitzlers]RuhminNordu.Südbemüht«(▷426) ist,währendder
Andere–wiederumzugespitzt–vorallemnegativeUrteileüberdie
literarischeProduktiondesFreundes imTagebuchfesthält.
Bahrs literarisches Werk, das sich von Anfang an durch mindere
Qualität auszeichnet, zeitigt keine Auswirkungen auf Schnitzlers
Schaffen. Zwar teilen sie in den Theaterstücken ihre Vorliebe für
Themen wie Ehebruch und Treue, die Fragwürdigkeit des Duells
(bei Bahr: Der Meister und Der Athlet) und finden sich bei bei-
den Schilderungen des Wiener Geldadels (Wienerinnen, Das weite
Land), doch sind das zu keiner Zeit Alleinstellungsmerkmale. Das
eine nachweisbare Zitat Bahrs im Werk Schnitzlers, die Figur
des ›Meister‹ im Großen Wurstl, ist, weil zugleich Beer-Hofmann
zitiertwird,mehrPersiflageaufdieäußereErwartungshaltungeiner
GruppealsBezugnahmeaufdenursprünglichenTextselbst.Aufdie
Kritiken, die sie sich nach Lektüre von Manuskripten zukommen
lassen, folgen, soweit bekannt, nie entsprechende Umarbeitungen
derbetreffendenTexte.
Anders verhält es sich mit den kritischen Aufsätzen von Bahr,
wie Die neue Psychologie (1890), mit denen er das medizinische
Interesse Schnitzlers an Psychologie für literarische Bearbeitungen
33 DieseStellealludiertauchEugenBrüll inseinemNachwortzurReclam-Ausgabe
Die dreifache Warnung. Bei seiner Lektüre am 5.11.1931 strich sie sich Bahr an,
vgl.dasExemplar UniversitätsbibliothekSalzburg, 36.881-I.
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Buch Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Titel
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Untertitel
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Herausgeber
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Abmessungen
- 14.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 1010
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916