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Drei Meister - Balzac - Dickens - Dostojewski
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zerrinnen, mit Wollust malt er die Paläste der Faubourgs, die Magie des Geldes. Die Worte Millionen, Milliarden, das ist immer hingestammelt mit jenem ohnmächtigen Nicht-mehr-sprechen-können, dem Röcheln letzten sinnlichen Begehrens. Voluptuös wie die Frauen eines Serails sind die Prunkstücke der Gemächer gereiht, wie wertvolle Kronjuwelen die Insignien der Macht ausgebreitet. Bis in seine Manuskripte hat sich dieses Fieber eingebrannt. Man kann sehen, wie die anfangs ruhigen und zierlichen Zeilen aufschwellen gleich den Adern eines Zornigen, wie sie taumeln, rascher werden, wie sie rasend sich überhetzen, befleckt von den Spuren des Kaffees, mit dem er die ermatteten Nerven vorwärtspeitschte, hört fast das rastlose, ratternde Keuchen der überhitzten Maschine, den fanatischen, maniakalischen Krampf ihres Schöpfers, diese Gier des Don Juan du verbe, des Menschen, der alles besitzen will und alles haben. Und sieht den nochmaligen impetuosen Ausbruch des ewig Ungenügsamen in den Korrekturbogen, deren starres Gefüge er immer wieder aufriß wie der Fiebernde seine Wunde, um noch einmal das rote pochende Blut der Zeilen durch den schon starren, erkalteten Körper zu jagen. Solche titanische Arbeit bliebe unverständlich, wäre sie nicht Wollust gewesen und noch mehr: der einzige Lebenswille eines asketisch allen anderen Machtformen entsagenden Menschen, eines Leidenschaftlichen, dem die Kunst die einzige Möglichkeit der Entäußerung war. Einmal, zweimal hatte er ja flüchtig in anderem Material geträumt. Er hatte sich im praktischen Leben versucht, zum erstenmal, als er, verzweifelnd am Schaffen, die wirkliche Geldgewalt wollte, Spekulant wurde, eine Druckerei gründete und eine Zeitung; aber mit jener Ironie, die das Schicksal immer für Abtrünnige bereit hat, hat er, der in seinen Büchern alles kannte, die Coups der Börsenleute, die Raffinements der kleinen und der großen Geschäfte, die Schliche der Wucherer, der jedem Ding seinen Wert wußte, der Hunderten von Menschen in seinen Werken die Existenz errichtet, ein Vermögen mit richtigem, logischem Aufbau gewonnen hatte, er selbst, der Grandet, Popinot, Crevel, Goriot, Bridau, Nucingen, Wehrbrust und Gobsec reich gemacht hat, er selbst hat sein Kapital verloren, ist schmählich zugrunde gegangen, und nichts blieb ihm als jenes furchtbare Bleigewicht von Schulden, die er dann stöhnend auf seinen breiten Lastträgerschultern das halbe Jahrhundert seines Lebens weiterschleppte, Helote der unerhörtesten Arbeit, unter der er eines Tages mit zersprengten Adern lautlos zusammenbrach. Die Eifersucht der verlassenen Leidenschaft, der einzigen, der er sich hingegeben hatte, der Kunst, hat sich furchtbar an ihm gerächt. Selbst die Liebe, den andern ein wunderbarer Traum über ein Erlebtes und Wirkliches, wurde bei ihm erst Erlebnis aus einem Traum. Frau von Hanska, seine spätere Gattin, die étrangère, der jene berühmten Briefe galten, war von ihm leidenschaftlich 20
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Drei Meister Balzac - Dickens - Dostojewski
Title
Drei Meister
Subtitle
Balzac - Dickens - Dostojewski
Author
Stefan Zweig
Date
1920
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
134
Keywords
Literatur, Schriftsteller
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Romain Rolland als Dank für seine unerschütterliche Freundschaft in lichten und dunklen Jahren 5
  2. Balzac 7
  3. Dickens 29
  4. Dostojewski 50
  5. Einklang 51
  6. Das Antlitz 54
  7. Die Tragödie seines Lebens 56
  8. Sinn seines Schicksals 66
  9. Die Menschen Dostojewskis 77
  10. Realismus und Phantastik 90
  11. Architektur und Leidenschaft 103
  12. Der Überschreiter der Grenzen 113
  13. Die Gottesqual 121
  14. Vita Triumphatrix 131
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