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Klinikaufbau, Lehr- und Forschungstätigkeit an der Wiener Universität
Da aber dieses sachlich wohlbegründete und durchaus als dringlich empfun-
dene Anliegen mehr als ein Jahr lang keine Beachtung fand, wandten sich
Eiselsberg, Fuchs und Hochenegg schließlich an die Öff entlichkeit, indem
sie in der „Neuen Freien Presse“ vom 30. August 1908 ihren Standpunkt
darlegten. Ihre Argumentation bezüglich der Notwendigkeit der Schaff ung
einer eigenen Trachomstation lautete:
„Die Weigerung der maßgebenden Behörde erscheint um so unbegreifl icher als mit
der Aufhebung der alten Abteilung und der Kreierung einer Unfallstation noch
einem anderen wichtigen Bedürfnisse abgeholfen wäre. Diejenigen Betten, welche
bei der Umwandlung der großen chirurgischen Abteilung in eine Unfallstation zu
letzterer nicht benötigt werden, wären zu einer kleinen Station für Trachomkranke
zu vereinigen. Das Trachom (ägyptische Augenkrankheit) ist ursprünglich in Wien
und Niederösterreich nicht endemisch, aber aus dem Norden und Osten, am
meisten aus Galizien, Ungarn und Rußland reisen alljährlich Trachomkranke in
großer Zahl nach Wien, teils als Arbeiter, teils als Hilfesuchende, und stecken hier
die einheimische Bevölkerung an, da sie unter ärmlichen Verhältnissen, zumeist in
Massenquartieren wohnen. Dadurch hat sich das Trachom allmählich auch unter
der einheimischen Bevölkerung eingenistet, ja selbst auf dem fl achen Lande, das
früher absolut trachomfrei war, gibt es zahlreiche vereinzelte Fälle von Trachom und
einzelne größere Trachomherde. Das einzige, was bis jetzt die Sanitätsbehörde gegen
diese Krankheit getan hat, ist die Statuierung der Anzeigepfl icht, durch welche,
abgesehen von unnützen Schreibereien, absolut nichts erreicht wird. Im Gegenteil:
wenn auf die Anzeige hin der Sanitätsdiener in die Wohnung des Trachomkranken
kommt, der zumeist ein Bettgeher ist, erfahren die Zimmergenossen von der
ansteckenden Krankheit desselben und setzen ihn an die Luft. Der Kranke sucht
sich ein anderes Quartier und steckt dort wieder seine Zimmergenossen an.
Die Verbreitung des Trachoms geschieht nur durch Uebertragung der
Absonderung, am häufi gsten durch gemeinschaftliches Waschgerät. Die einzige
wirksame Maßregel gegen die Verbreitung könnte nur darin bestehen, daß die
Kranken hospitalisiert würden oder daß man jedem von ihnen einen eigenen
Wohnraum verschaff en würde. Beides ist nicht nur mangels einer gesetzlichen
Han dhabe, sondern vor allem wegen der großen Zahl dieser Kranken
undurchführbar. In der zweiten Augenklinik (Hofrat Fuchs) stehen zu manchen
Zeiten 60 bis 80 Trachomkranke in täglicher ambulatorischer Behandlung.
Werden solche Kranke, was nur in den dringendsten Fällen geschieht, in die Klinik
aufgenommen, so bilden sie eine Gefahr für die anderen Kranken desselben Saales.
Trotz der größten Aufmerksamkeit des ärztlichen und Wartepersonals kann eine
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Ernst Fuchs (1851-1930)
und die Weltgeltung der Wiener Ophthalmologischen Schule um 1900
Eine biografische Dokumentation mit Ergänzungen und Erläuterungen
- Title
- Ernst Fuchs (1851-1930)
- Subtitle
- und die Weltgeltung der Wiener Ophthalmologischen Schule um 1900
- Author
- Gabriela Schmidt-Wyklicky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8602-1
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 696
- Category
- Biographien
Table of contents
- Biografi sches Selbstzeugnis 19
- Herkunft und Ausbildung 41
- Professor an der Universität Lüttich/Liège 1881-1885 129
- Die Gründung der II. Universitäts-Augenklinik in Wien 1883 und die Berufung von Ernst Fuchs 1885 175
- Klinikaufbau, Lehr-und Forschungstätigkeit als Ordinarius an der Wiener Medizinischen Fakultät 1885 bis 1915 219
- Das Lehrbuch von 1889. 18 Aufl agen in deutscher Sprache bis 1945. Übersetzungen und weltweite Verbreitung 263
- Die Beschreibung neuer anatomischer Strukturen und Krankheitsbilder durch Ernst Fuchs und ihre histologische Fundierung anhand seiner Präparatesammlung 295
- Die „Fuchs-Bibliothek“ 403
- Akademische Feiern, Würdigungen und Ehrungen zum 70. Geburtstag von Ernst Fuchs am 14. Juni 1921 415
- Ernst Fuchs als innovativer Ophthalmochirurg und Erfi nder neuer Instrumente 445
- Schwerpunkte seiner internationalen Lehrtätigkeit – Itinerarium academicum in Auswahl: USA, Japan, China 473
- Lebensausklang, Vermächtnis und Nachruhm 525
- Verzeichnis der gedruckten Arbeiten 541
- Helmut Wyklicky†: Ernst Fuchs und seine Zeit (bisher nicht publizierter Vortrag, Salzburg 1981) 565
- I Literaturverzeichnis 577
- II Chronologische Bibliografi e zu Ernst Fuchs 645
- III Verzeichnis der Abbildungen, Bildlegenden und Bildnachweis 653
- IV Personenregister 663