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Tagebuch 1923
Gott, es sind lauter abgetakelte (Stößl) oder noch nicht arrivierte (Lampl) Existenzen.
Mir ist eigentlich so ein Umgang mit Literaten sehr unangenehm. Die Fachausdrü-
cke, das Gewerbemäßige, dort wo ich eigentlich nur das tiefste Herzensbedürfnis
drin sehe. Ehrlich, der von einer ganz anderen Ebene hinkommt, ist mir das viel
liebere Publikum. Ich darf mich aber nicht beklagen, denn der Eindruck war wirklich
sehr sehr ehrlich u. groß ! Ehrlich hat uns so viel u. Köstliches zu essen gegeben
– mir
hat das Herz weh getan – – – so ein armer Bursch. In der Elektrischen hab ich ge-
dichtet.
–24
8.VII.
Und es heute am Streckstuhl fertig gemacht.
Ich habe sie lange nicht geseh’n
Mein Gott, die Stadt ist so groß.
Und man hat immer so viel zu tun
–
Aber ich habe oft an sie gedacht.
Ich hörte einmal, daß sie schizophren
In einer Heilanstalt untergebracht,
Aber sie durfte frei
In der Stadt spazieren
Auch gelegentlich nachhause geh’n,
Weil sie nie etwas Schlimmes gemacht.
Abb. 8 : Der Schriftsteller Otto Stoessl. Abb. 9 : Fritz Lampl, expressionistisches
Multitalent.
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Volume I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Title
- Erica Tietze-Conrat
- Subtitle
- Tagebücher
- Volume
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Editor
- Alexandra Caruso
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 458
- Category
- Biographien