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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Volume I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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420 Tagebuch 1926 20.V. Wir haben noch einen schönen, einen wundervollen Abend gehabt. Wir waren am Jahrmarkt des hl. Isidor, der an dem Ufer des Manzanares, wo die Wäscherinnen gerade die trockenen Wäschestücke von den Stricken nahmen, gefeiert wird. Das Volkstreiben, das der Baedeker versprach, war nicht sehr toll, ein ganz kleiner Wurs- telprater am Dorf. Lästig nur die bunten flittrigen Zigeunerinnen, die einen so ener- gisch am Arm packen, und die „Fortuna“ sagen wollen. Auf einem vorgeschobenen Alkoven, der weit ins Freie stand,  – alles herum versunken  – tanzten zwei Paare zu Werkelmusik, mit den hinaufgehobenen Händen machten sie die Castagnetten nach. Dahinter weit das tief eingeschnittene Tal mit der grauen Barockbrücke  …51 Und am nächsten Morgen fuhren wir bei blauestem Himmel u. milder Wärme nach Toledo. Dieser Tag gestern war vielleicht der schönste, den wir bisher hatten. Die Stadt ist nicht nur reich an Geschichte, nein auch an den erhaltenen Schätzen, die diese Geschichte belegen. Die Stadt ist aber auch bis in den letzten Steig, den kleinsten Stein selbst ein überzeugender Beweis ihres historischen Schicksals. Der Tajo fließt im tief eingeschnittenen Bett an drei Seiten herum ; der Hügel, den er umschließt, trägt den Steinhelm der Häuser mit der Kathedrale als Bekrönung. […] wachsen u. sinken, dem Terrain u. seiner Fortifikation entsprechend die Mauern, und diese stützen die Türme, schließen die Stadttore auf. Am schönsten sind aber die Brücken, die den Sinn der Befestigung über den Fluß ins Land tragen, durch das der Tajo  – mit einem mal gelinder zwischen birkenbestandenen wiesigen Ufern fließt. Auf seinem Schluchtweg aber um die Stadt waren Stromstellen u. an jeder wie Wäch- ter an beiden Ufern graue große Mühlen gelagert  … Wir haben erst ein sehr dichtes kunsthistorisches Programm abgewickelt und sind dann hinaus aus der Stadt, hinunter auf einen der Hügel, wo das Klösterlein Nuestra Senora de la Cavezza steht und haben von dort aus gegen die Flußschlucht einerseits und gegen die Stadt andererseits geschaut. Dann haben wir uns getrennt, Hans ist um die Stadt herum und ich bin auch vor der Stadt geblieben, bis die Sonne unter- gegangen ist. Es war ein wundervoller Abend, den ich nie vergessen werde. Aber am nächsten Morgen war das Wetter mäßig, am Vormittag noch schlechter, zumittag hat es gegossen bis gegen 5 Uhr, daß die Sturzbäche nur so über das katzenköpfige Pflaster geflossen sind. Wir waren furchtbar deprimiert und haben uns in die kunst- geschichtliche Seite der Sehenswürdigkeiten verbissen ; vor allem ist mir da ein Bild von Goya, Christi Gefangennahme in Erinnerung geblieben, das unerhört frei und groß dem Stoff gegenüber steht. El Greco, dessen Stadt ja Toledo ist, hat hier den imponierenden Conde Orgaz, der sehr innig das Mysterium auffaßt, sehr repräsen- tativ die anwesenden Cavalleros in ein „Gruppenbild“ schließt, aber schließlich doch keine Einheit gibt. Es scheint, daß das breitere Format ihn daran hinderte ; bei den späteren bleibt er bei dem ganz schmalen Hochformat, in dem seine flammenden Gestalten so erfolgreich hinauflecken können. Im Museo del Greco weiß man bei
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Volume I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Title
Erica Tietze-Conrat
Subtitle
Tagebücher
Volume
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Editor
Alexandra Caruso
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
458
Category
Biographien

Table of contents

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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