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. Lebensbilder. 89
Noch auf dem Gipfel angelangt der Höhen,
Zerfloß das Vild wie leichter Heidcrauch,
In gleicher Ferne sah ichs wieder stehen,
Äuf Bergen thronend, fo wie früher auch,
War Täuschung nnn die erstgeglaubte Nähe,
So N?ar doch Wahrheit Mut und Lust und «raft-
Auch fchien ja wirklich, was ich deutlich fche.
Und also hatt' ich ueu inich aufgerafft.
Noch wie ich eifrig llomm und wie ich strebte,
VZ blieb der Abstand iinnierdar sich gleich,
Tassclbe Bild, das körperlos entschwebte,
Im Fernen glänzend, in der Nähe bleich.
Na ward ich mild wie alle Stnubgeburnen,
Auch war der Weg von Steinen ranh und scharf,
Vis auf das Leben ritzten spitze Torncn,
Und alles fehlte, was der Mensch bedarf.
Zugleich im Gegensatz des luft'gen Bildes
Kam mir ei» andres uor den wachen Sinn:
Erinnerung des heimischen Gefildes,
In dem ich ward, was ich doch endlich bin;
Wo mir des Vaters Grab zurückgeblieben
Uud also kehrt' ich wegerschöpft zurück.
Nur ruhen wollt' ich und dann neu beginnen;
Na ward als Frucht ich meines Wanderns innen,
Wie alles dort verfallen und verkehrt,
Non dem Geräte nichts an seiner Stelle,
Tas Nach gab, statt der Fenster, Luft uud Licht
Wuchs Unkraut, wo Gewächse sonst in Re,!,,!, "
Mit wucherndem Gestrüpp Ixdeckt die Wege,
Und nur im wilden Anflug schien Gedeihn,
Na fiel's mich an- die nötigste der Taten
2ei doch, daß erst das Innre wohl bestellt,
Und also nahm ich Haue, Karst und Spaten
Vcsnediguug, die ich nach außen träumte,
Kam nun von innen selber in mein Nach;
Ich hole meine Iugendfrenden nach.
An eine matte Herbstslicge.*)
Wanken dir die matten Füße?
Ist der Flügel Schwung erlahmt?
Traurig schleichst du an dem Fenster,
Tas einst deine Spiele sah;
Ach, der Sommer ist vergangen
Und der rauhe Winter nah! Noch sieh meine welke» Knie,
Sieh das Antlitz totenbleich,
Sieh der Angcn mut'ges Feuer
Von der Kraulhcit Hauch dahiu:
Ist denn schon mein Herbst getemnien,
Tcr Genesene.
Leuchtet mirs erst deutlich eiu:
Kranlhcit, du bist Gottes Gabe,
Vr soll drum gepriesen sein!
Wie der Mensch dich schwer bekämpfe;
Lösen sich der Seele Krämpfe,
Innrer Schmerz und äußrer Qual,
Besserst an der Menschheit Bilde,
scharfe Züge mäßigst du:
War sonst rauh, jetzt bin ich mildo,
Uustät sonst, uud jetzt in Nuh,
Waren alle gut und weich,
Weil sie mich als Gleichen nahmen;
Gleiches Leiden macht ja gleich.
Ob mnn sonst nach Fernen jage.
Machst den Tag zum Ziel deni Tage,
Eine ruh'ge Nacht scheint viel.
Ans Gebiß den stolzen Mund;
Frage nicht: was soll ich werden?
Bin ich jctzo doch gesund,
TaZ Gemüt, verstockt, verquollen.
Öffnet sich wie Ackersschollen,
Aufgelockert durch den Pflüg;
Und als ob der Lenz erwache
All mit feiner Freuden Chor,
Grüne Spitzen ucu hervor.
Wie ist all mein Innres offen!
Wie verdoppelt jeder Sinn!
Nachbild hat das Bild getroffen,
Jeder Augenblick Gewinn!
Was ich lese, seh' ich stehen;
Was ich höre, wird ein Vild;
Was ich fpreche, wird gcfchehen;
Was ich wünsche, wird erfüllt.
Mit der Welt in tiefem Frieden
Tank' ich dem, der mirs befchiedcn.
Sich geoffcnbaret hier.
Und erquickt von all der Labe,
Nuf' ich froh im Sounenschein:
Krankheit auch ist Gottes Gabe,
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik