Page - 101 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II

. Lebensbilder. 101. 11. Ablehnung. Was folgst du mir auf jedem Schritt Äit prüfendem Gesicht, Läßt leuchten hell dcin Licht? Natur gnli mir wohl selber Sinn, Nicht iüat ist's, was gebricht. Und wenn du mir nicht heljen kannst, So tröstest du mich nicht, 12. Intermezzo. Geflügelte Schalmeien Tie Waldcsnacht durchzieh»; Da hebt sich eiuc Schalle, Die Liebe lauscht hervor, Ob noch der Winter grolle, Noch laut der Stürme Chor? Sicht grüu sie nun die Weite, Erträgt sie's nicht im Haus, Sie fliegt auf Spiel und Beute Gleich audern Vögclu aus. Doch friert es etwa nächtig, Sucht sie der Menschen Dach In jlingcn Herzen wach. 13. Noch einmal in Gastein. Tu, dieses Ortes Einsamleit, hast du mich nicht erquickt uur zehen Jahren? Da schien die Welt, das 3a! so weit. Wie in deu Schacht, der goldne Schätze beut, Kam ich durch deine Klamm gefahren. Und war dein Umfang schmal umgrenzt, Mein Geist stand auf der Hosfnuug Sonnen» Und höher, als dcin cw'gcr Schnee erglänzt, Trugs mich empor auf Ädlerflügclu, Nun bin ich müd, gestört, entzweit, Nur Mauern läßt die Bergwand mich gewahren; O, eine ganze Ewigkeit Liegt in dem Naum von zehen Jahre»! 14. Naturszcne. - Das Wasser rinnt vom ^elsgestein Und furcht die moos'ge Banl, Nie Gräser, hellgrün, schmal nnd klein. Sie stehn umher und sangen's ein, Gesättigt ohne Tank, Und an die Blumen uutcrni Grün, Wie Vürgcrstöchtcr stolz, In blau und rot und golducr Tracht, .Hat sich der Schmetterling gemacht i Der saugt und küßt und schaukelt sich Und slicgt zuletzt davon, So achtlos, daß am nächsten Tag Er launi noch mehr erkennen mag, Wo er genossen schon, — Und drüber ranseht der Baum, als ob Nichts unter ihm geschah'. Nach rückwärts strebt der Fels emvor, Schaut gradaus in die Höh', Nie Wolken aber allzuhöchst Iiehn hin mit Stnrmsgcwalt; Nasch wechselnd die Gestalt, Und dnrch das all voll Eigensucht Geh' ich mit finstrer Brust, Vordem genoßner Treu und Lieb' Halb wie im Traum bewußt, 15. Ingenderinneruilgen im Grünen. Wo einst, das dunkle Schulbuch in der Haud, Ter Prüfung bang, den Kopf voll Frühlings» träume, Vor manchem Jahr fich oft der Knabe fand. Wie er da saß, glitt von den finstern Lettern, Der Blick hinauf zu jenen frifchcn Blättern, In denen fich der Westwind fpielend wiegt. Und künftiger Gestalten Geisterreigen, Erschienen ihm in jener Wipfel Neigen, Erklangen ihm in ahnungsvoller Brust, Es ward erfüllt das kaum gewagte Hoffen, Die Ahnung hielt, was fie vorhergefagt, Des Wirkens goldne Tore stehen offen. Ein Schritt gelang, ein zweiter ward gewagt. Find' ich mich wieder unter diesen Bäumen, Den Vli.ck wie damals über mich gewandt. Und Seufzer, so wie damals, schwellend heben Tie müde Brust, von mancher Sorge schwer, Ung'nügsam,Herz, warum bist du beklommen? Was dn so heiß ersehnet, stehet da! Tie Stunde der Erfüllung ist gekommen, Tn hast es, was dein Wunsch in Ferne sah. Wie? — oder war der bunten Bilder Fülle Der Inhalt nicht von dem, was dn begehrt: War nur der tiefern Sehnsucht äußre Hülle, Tas Kleid nur dessen, was dir wünschenowert? Hast Schönes du vielleicht gestrebt zu bilden. War Schreiten in des Wissens Lichtgefilden Im Land des Wollens dir zugleich ein Schritt? Hast du vielleicht »ach Ehr' und Ruhm getrachtet, Vermengend im Gedanken, jugendlich, Tas Aug', mit dem die Welt den Mann bc» trachtet. Und das, womit er selbst betrachtet sich?