Page - 123 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II

O. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur. 123 Um die leuchtenden schultern geworfen, In dem Kreise der Maischen weilen Und in der Fremde rauhen Nodeu Paliuenreiser der Heimat pflanzen: Menschen ähnlich und dennoch Götter, Beide Welten licbcud verbinden, 5)erniedcr zur Erde den Himmel zieh,: Und den -Uicüsäu',, zu Gattern erhöhn. Tuch wie die Nosc unter den Vluinc» StralNi! du y'.'iom' aus dem Chure der Schwestern. Als dao -»lcii't oou der Erde verschwunden lind die Unfchuld gen Himmel geflohn, ^'u^eu da-? !,eitere, offene 'Ainie, Eich in schände,ide Fesseln säilug: Ta luardst du von den Göttern gesendet, Tciue Sprach' ihrem Munde zu leih». Freudig eilten sie dir entgegen, Sanken vertrauend dir in den Arm, Was sie geträumt uud wie sie gefühlt. Seitdem sielü't du dem Menschen zur Seite, Wo er weilt uud wü er wandelt, An des Unglücks gähnendem Absturz, Äui der Freude Vlumeuhöhn, Überall töut deine Stimm' ihm entgegen, Wie ein '!lni aus bessere» Welten, >Na>-,c,!0, Ii^slend, freundlich erhebend. Von der Wiege bis ius Grab, Sausi siclm du au der Wiege des Knabe», Ter lauin dem Schoß sich der Muttci entwand, Tem U0,l, i» eiucr trüben Welle Taumelnd sein Ich und die Außenwelt schwimm!, Tas; er zum Leben — voll Schmerzen! — er- wacht. Wie er so daliegt und jammert und klaget, Ta tönt ein Laut in seine Ohren, — Aus der Wärterin einfachem Liede Spricht dein Mund dem Klagenden zu: „Dulde! Lerne beizeiten dulden. Ist doch Leiden des Lebens Name, Und du legn in des Kleinen Wiege Linen treueu, liebenden Bruder, !>,'!. du^li das ^vben ihn begleitet, hilfreich und tren ihm zur Seite steht, Jede Freude vertausendfacht. Und am Ziele der Lebensbahn Und der >!ual,>e lächelt uud — schläft. Nufst du den Jüngling ins Schlachtgewühl, Leitest die Stärke, ermutigst das Jagen, Jubelst ob dem geschlagenen Feind, Verkündest die Siegesbotschaft dem Lande, Weinst dem Gefallenen nach ins Grab. Aus der Zither melodischen Saiten Wo die Sprache das Wort verweigert, Vorgest du hilfreich den lieblichen Klang, Und das Mädchen höret die Klage, Ahnung und Scham bestürmt ihren Busen, Gleich den Saiten bebet ihr Herz, Und auf der Töne goldenen Schwingen Ziehet die Liebe als Sieger ein. Scheuchst von der Stirn ihr das zagende Bangen, Zeigst ihr die nahende Seligkeit. hilfst ihm erklimmen die steilen Stufen Ünd streuest auf jede mit mildem Sinn Deine Rosen oder Zypressen, Freuden- oder Mitleidsträucu, Der letzte Seufzer der Brust entsloh». Zum 2taub gekehrt der Staubgeborne, Wankst du stöhnend hinter der Bahre, Hinüber zeigend in lichte Fernen, Glaub' und hosfnnng an leitender Hand, — Wo ist eine Macht, die deiner gleichet, ^i,,l' Gewalt, die Leiner sich naht, Wenn du auf Sturmesflügeln einherbraus'st, Wenn dn mit Zephirslispeln säuselst; In die zagende Seele schleuderst lind den Funken zur Tat entflammst: Wenn du nn duftenden Myrtcnhain Mit süßer Ahnung das Herz beschleichst — Wo ist eine Macht, die deiner gleicht? Bewehrt mit deinem flammenden Schwert, Schlug TlMäus der Feinde Gewalt, Aus der Unterwelt heulenden Klüften Zog die Geliebte des Orpheus Gesang. Wie bildsamer Ton, wie weiches Wachs Ist des Menschen herz in deiner Hand. Timotheus Leier tönt. Und Pcrsepolis flammt: Händel greift in die Saiten, Üud Pcrsepolis flammt noch einmal Vor den Augen der trunkenen .Hörer! Wer vermag, deinen Zauber zu schildern, Liebliche, milde, freundlich holde. Fühlende Freundin fühlender Seelen: herrlichste unter deu herrlichen Schwestern!