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Aphorismen und Sprüche, 16?
Ter Niplomat.
Ein umgekehrter Talleyrand,
ilowohl so»st ger» scin Afie,
Fängt er uiit dein Minister au
Und endiget als Pfaffe.
Neise nach dem Iohannisberg^)
?ln dcm befreiten Nhcin;
Toch machtest du die Tonau frei,
Es sollt' uns lieber scin.
Postulat«.
Preßsrciheit steht dort oben an,
Wu — unschuldvolles Treiben —
Tas halbe Land nicht lesen lcnin,
2as andere nicht schreibe».
Konloroat.
N»i recht tugendhaft zn leben,
Will ich meinen Tiener zur Macht erheben,
Mir bei jedem sündhafte» Bestreben
Eine Ohrfeige zu geben.
Eilt, das Konkordat zu verkündigen,
Kastriert cnch selbst, n»i nicht zn fündige».
Exlommunilation.
Ob die frühere Macht der Kirche frommt,
Will man von nenem versuche»!
Bis unn der erwartete Segen lummt,
Treibt vor der Hand sie das Fluche»,
Jesuiten.
Tic Schweizer worfeln tüchtig drauf,
Tic Frucht fällt dicht dabei.
Und sammelt sich — die Spreu,
Politik.
<Aoi dem Kiiege 1859,»
Ich sah einen Nudel Gassenbube»,
Wie kaum entschlüpft aus des Lehrers Etnben
Tie warfen fich mit Vallen von Schnee
lind lachten, tat'o einem i,m Fallen weh,
lind streckten die Zunge ans ihrem Manl.
Ei, dacht' ich in meinem Sinne, ei,
lind so was dnldet die Polizei?
Und fah erst, daß es Könige waren.
Hayna«.
Ihr fcid in der Schrift fchr gnt zu .Hans,
Wenn euch euer Ang' ärgert, so reißt ihr'Z
Sonnt wird der Ärger wohl vergeben,
Nur mit dem Ärger zugleich das Scheu, Studenten, die nicht studieren,
So sind sie doch nur Studenten,
Uns aber nicht nach Studenten,
lins tät' es not nach Studierten,
Was freilich, wenn sie studierten,
Wohl würden dereinst die Studenten.
ir siud die Wiener Studenten,
haben studiert bei Tag und Nacht,
Und haben endlich auf eins gebracht,
Tie einige .Herrschaft des ewigen NechtZ,
Tic Pulytechnit des Menschengeschlechts,
Tie Philosophie, wo statt Wortgefechts
Nie Geister zu Taten fich stählen.
Die Prüfung aber war scharf und schnell,
Tie Kugel» Pfiffen die Frage,i hell,
Äer Tod stand nah' als grimmer Pedell,
Ner Karzer war nicht bloß eiu Namen,
Wer tonnte, was wir nicht tonnten')
Tie hefte, wobei wir die Feder gcfülnt,
Tie werden wobl noch von der Nachwelt studiert.
Tcr eine sagt's, der andre sagt's nach,
Ls sei den» schwach! Wir aber waren's nicht,
Die lachten, wenn der Pöbel hielt Gericht?
Tie Eltern waren'Z nicht, die ihre» Knaben
Kein Wort der Mahnung zngedonncrt habeu?
Tie Garde war es nicht, die, als es galt,
Tem Staat versagte ihres Beistands Halt?
Tic Vürgertruppe nicht, die selbst zur ?at
Frri auf die Seite der Empörer trat?
Wir alle waren stark, die iiiqcicl!!,,
Bis uun der Umsturz wirtlich war geschehn?
Wollt fleckenlos ihr durch das Leben wandern,
Schiebt eure Schuld nnr immer auf die ander»!
Ministerien, die immer vertrackter,
Tie Schwäche hält jedes beim Säwpf,
Tas frührc als schwacher Eliaratlcr, -
Nas jch'ge als schwacher >llN'^,
Tie Tummheit in verschiedenem Kleid
Vei uns die Tummheit aus Unwissenheit,
Tort die Tummheit aus Vielwisserci,
erit in ordo ultimü.
Flicke, flicke, flicke zu!
Aus dem Stiefel ward ei» Schuh,
Willst du nicht nach uenem Leder sehen,
Äinßt ihr endlich barfuß gehe».
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik