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Tas Kloster bei Sendomir. 133
einem seltsame» Spiele gesallo» zu haben, Wenn
Elga bei der Schwärze ihrer Haare und Brauen
durch ein hellblaues Ä»ge auf eine eigene Ärl
reizend ai,sprach, so >var bei dein Kinde diese
Verlehruug des (^ewöhuüchen uachgcahiut, aber
wieder verkehrt! denn golde»e Locken ringelten
sich um das zierliche Häuvtcheu, uud nnter dcu
langen blonden Wiuiper» barg sich, wie ein
Räuber vor der Soune, das große schwarzrollendc
Auge, Ter Graf scherzte oft über diese, wie
er es nannte, auf den Kopf gestellte Ahnlichteit,
und Elga drm>!e dann das Kind inniger an sich,
und ihre Lippen hafteten auf den gleichgc-
schwellten, strahlenden von gleichem Not,
nicht den Iiäuolnin'» Freuden schüttle, einzig
der Wiederherstellung seiner, durch die unüber-
besscrung seiner ^iner Tagelang durchging er
Meicrhüsc und Fruchtscheuern, Saatfelder uud
vom Vater auf den Sohn vererbt, dessen ganzes
Vertraue» besaß. Schon feit längerer Zeit be»
mcrlte Starscheui-tn eine n»sfalle»de Düsterheit
sich »ach ihm umweudele, überraschte er das sonst
immer heitere Auge beinahe wehmütig auf sich
geheftet, Noch schwieg der Mann,
den Vormittages mit den Schnittern geteilt
hatten und der Graf, im Schatten eines Erlen-
bnsches gelagert, mit Behagen einen Trunt
frischen Wassers aus der Hand seines alten
Wie herrlich Gottes Segen auf den Feldern steht!
Wie glücklich sich der Besitzer von dem allen
fühlen muß! — Das tut er auch, entgegnetc,
kopfnickcnd und zu wiederholtem Trinken an-
setzend, der Graf, — Es begreift sich allenfalls
noch, fuhr der Alte fort, wie es in den Städten
N>,zufriedene gibt, die au Staat und Ordnung
rütteln und denen die Gewalt nichts zu Nantc
Feld, fühlt man's deutlich, daß doch am Ende
Gott allein alles regiert; und der hat's noch
niimrr gut gemacht bis auf diese» Augenblick,
Aber die Nuln'störcr haben keine Nast, bis sie
alles verwirrt und zerrüttet, Vater und Bruder
in ihr Netz gezogen, Schwester uud Schwäger,
Gottes Verderben über sie! — Der Graf war
aufgestanden. Ich merle wohl, sprach er, daß
du auf meiner Frauen Brüder zielst, Hast du
etwa ueuerlich vou ihueu gehört? — Da fiel
der alte Mann plötzlich zu Starschcnstys Füße»,
u»d i» heiße Iräne» ausbrechend, rief er: .Herr,
lastt Euch nicht verlocken! Denkt an Weib und
>l!,id! An so mauches, was Ihr befitzt! An
Eurer Väter ruhmwürdigcn Namen! — Was
tommt dir au? zürnte der Graf, — Herr, rief
dc>- Alle, Eure Schwäger sinncn Böses, und Ihr
wistt »m ihr Vorhaben! — Spricht der Wahn- sinn aus dir? schrie «tarschcnski,, — Ich weiß,
was ich sage, entgegin'iV' d^ 'v Ätte, E,i, '^'r
trauter Eurer Schwäger kommt zu Euch heim-
am westlichen Lndc der Tiergartenmauer ver-
borgen, — Wer sagt das? — Ich, der ich ihn
kommend? — Heimlich aufs Schi's;' ^ Wann?
— Oft! — Ei» Vertrauter meiner Schwäger?
— In Warschau sah ich ihn an ihrer S>
Wcißt du seinen Namen? — Euch ist wo>>!!.>^
nnd da hatte ich Wichtigeres in Eurem Tieime
zu schaffen, als mich um die Namen von Eurer
gewiß, — Iu welchen Stunden sahst du ihn aufs
Schloß kommen? — Nachts! — Starschenc-tt,
schauderte unwillkürlich zusammen bei dieser
ihm so viele mögliche Eillärnngsarten dieser
rätselhafte» Besuche darbot, daß er bei !>',,ur
Nachhausckuuft schon wieder beinahe ganz rulüg
war. Nur fragte er wie im Vorbeigehn Elgai
Brüdern erhalten habe? Seit sie zuletzt selbst
hier waren, keine, — cntgegente sie gan-,, uubc«
faugeu. Der Graf gebot dem alten .Hausver-
walter, dem er feine patriotische» Besorgnisse
leicht ausgeredet hatte, das tiefste Stillschweigen
über die ganze Sache, beschloß aber doch, wo
möglich näher auf den Grund zu sehen,
„Einige Zeit verstrich, da war er eines Nach-
mittags zu Pferde gestiegen, um eine senicr
entfernten Besitzimge» zu besuchen, wo er
er einen guten Teil des Weges gemacht, und
er Abend fing an, emznbrechc», da hörte er
hinter sich laut uud ängstlich seinen Namen
rufen. Umblickend, erkannte er de» alten haus-
strebte und mit Rnfen und.Händcwintcu anzu-
Iialtcn uud ih» zu erwarten bat, Ter Graf zog
den Zügel feines Noffes an und hielt, Ange«
ins Ohr, Der Veranlasser jener Besurgüiisc,
der rätselhafte Unbekannte war wieder in der
Nabe des Schlosses gesehen wurden, Ter Graf
sie den Weg znrück, heimwärts, mit Mühe von
den Diener» gefolgt. Eine giite Strecke vom
Schlosse stiege» beide ab und gaben die Pferde
dem Diener, der angewicse» w»rde, ihrer an
strüvp und Dickicht gingen sie jener Warte zu,
wo der Fremde sich am öftesten zeigen sollte.
Es war indes dunkel geivorde», »iid der Mond
augctüudigt. Da siel plötzlich durch die dicht
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik