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Das Kloster bei Sendoniir. 201
smis! gezeigtes gutes Betragen, im eigenen und
in ihres Gatten Namen großmütig erteilte, Ter
Graf, am Schlüsse doch auch um seine Ju-
das Mädchen blieb im .Hause,
„^chweigend nahm Starschensky das Früh-
stück ein, stumm ging er aus dem Schlosse, Ncr
alte Hausverwalter, der ihm auf seinem Wege
das Stillschweigen zu brechen, und suchte nur
in den Zügen seines Herrn Antwort anf seine
gingen sie, so verrichteten sie ihre Geschäfte, wie
sonst, wie iniincr, Ner Graf bestrebte sich nicht
blos!, über die Vorfalle des gestrigen ?agco
liichts zu denken, er dachte wirklich nichts.
Nenn wenn der verfolgte Strauß sein Haupt
im ^nsch verbirgt und wähnt, sein Nichtschen
selben, so tut der Mensch nicht anders, Un-
wi>>>!,!üch schließt er sein Auge vor einem herein-
brechenden Unvermeidlichen, und jedes Herz hat
vor sich selbst,
eintreten bei feiner Gemahlin, Ls hieß, fie fei
im Badei doch hörte er die Stimme seines
Kindes im nächsten Gemache, und er ging hinein,
^>^K' ^clmnick und >Ueinudicn lagen rings um
das Kind zerstreut, und das oifenc umgestürzte
Schmuckkästchen nebst demherabgezogencnTcppich
die Art, wie es siä, da>? kostbare Spielzeug ver-
schafft hatte, Ttarschensty trat gutmütig scheltend
hinzn, stritt dem Kinde Stück für Stück seinen
1^!^> deo ^chmutttästch^us, augenscheinlich ein
doppelter, war durch deu Sturz voni Tische aus
deu Fugeu gewichen, uud da der Graf versuchte,
pressen, fiel der innere Teil der doppelten Vcr-
tk'idnug auf den Boden und zeigte in dem
das nun der Graf hielt in der zitternden ,vand.
Nische Nanoualtracht, Vas Gefühl einer cnt-
senlicheu Ähnlichkeit überfiel den Grafen wie ein
On'wappuetcr, Ta war das oft besprochene
Nanmpiel mit den fchwarzen Nngen und
blondem Haare, wie — bei feinem Kinde, — Er
fah das Mädchen an, dann wieder das Bild, —
lüge hatte er sonst schon irgend gesehen;
aber wann? wo? — Schauer überlief ihn, —
Er blickte wieder hin. Na fchaute ihn sein
Kind mit schwarzen Schlangenaugcn an, und
die ^nnuerung an n'm-n vei'sMmälnen Vi'lt^r in
Warschau ging gräßlich in ihm auf, — i7gino!>,! fchrie er und hielt fich am Tische, und die Zähne
icuies Mundes schlugen klappernd aneinander,
empor, Lr befestigte den Teckel an seine Stelle,
schloß das Kästchen, das Bild hatte er in seinen
„Tieseu Tag ward er im Schlosse nicht mehr
gesehen, Sein Platz blieb leer am Mittagstische,
und verlangte nach dem Kinde, Tas nahm er
bei der Hand und führte es in den Garte»,
der einsam gelegenen Mooshütte zn, Nort fand
Walter, in eine Ruhebank zurückgelehnt, Nas
Kind stand zwischen seinen Knien, er selbst hicll.
ein Bild in der Hand, abwechfclud auf dieses,
„Am folgenden Morgen war StarschenskU,
verreist, niemand wußte, wohin, Er aber war
in Warschau; dort forschte er, zu spät! nach
Haufe erzogen war, sich schon frühzeitig geliebt,
daß, aus Bcforguis vor der wachsenden Vertrau-
lichkeit, der aussichtslose Vetter entfernt wurde;
vor Starfcheuskys Vermählung, er feine An«
fprüche erneuert habe uud jene bedeutende
Summe Geldes, die in des alten Laschet letztein
Willen ihm zngedacht war, zum Teil der Preis
»chenskys Reichtum, verbunden mit dem An-
dringen ihrer Verwandten, der .Hauptgrund
ihrer Einwilligung zur Verbindung mit dem
fich zur rechten Zeit freigebig zeigte, dem Grafen
um Geld verraten und ihm zugleich den 5Irt
angezeigt haben, wo Oginskh, einem geleisteten
Schwur zufolge, fich verborgen hielt,
„Auf dem Schlöffe herrschte unterdessen Un-
ruhe und Besorgnis, Elga selbst war übrigens
augenscheinlich die Ruhigste von allen. Sie
schien das befremdliche Betragen ihres Gatten
noch auf Rechnung jener nächtlichen Über-
raschung zu schieben, über die, da durchaus nie-
maudcu etwas Vestimnites zur Aast gelegt
werdcn touute, der Graf, wie er hoffte, fich am
Cude wohl selbst beruhigen werde. Jenes
>la!nmcrmädchcn war noch immer in ihren
Diensten,
„Unvermntet erschien nach einiger Zeit der
>'!>.af auf der Grenze seiner Besitzung, in seinem
Gefolge ein verschloffener Wagen, von dessen
Inhalt niemand wußte, Eine verhüllte Gestalt,
vielleicht durch Knebel am Sprechen verhindert,
ward herausgehoben und dem durch Briefe im
voraus an die Grenze befchiedenen Hausver-
walter übergeben. Nie alte Warte an der Wcst-
! schloffen, »ahm die fondcrbare Lrfcheinnng in
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik