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202 III.
ihren Gewahrsam, uud dunkle Gerüchte ver
breitete,, sich uuter de,l Bewohnern der Um
gegend.
„'Der Graf ging auf fei» Schloß. Laut
seine plötzliche Abreise gewesen, wie selinlu!'
man ibii zurückerwartet, Ncr Kleinen Fort»
schritte wurden angerühmt, einige Proben ixv
erlangten Geschicklichkeit auf der Stelle abgelegt
von der Neife, Er ging, trotz aller Gegenvm
stellnngen, allein aus sein Zimmer, wo er sich
einschloß. Toch war sein Bedürfnis nach Nnl,,'
unr vorgegeben, denn nachts verlies; er se,n
Gemach nnd ging allein nach der Warte, wo er
bis zum grauenden Morgen blieb.
Gang war nicht unbemerkt geblieben, Elga fand
sich vernachläffigt nnd z.'igte ihre Unznfrieden
hcit darüber. Starscheusky unterbrach ihre uns',
nintigen Äußerungen, indem er po» ihrer beider
Iciti^en Lage zn sprechen anfing. Er bemerüe,
das, bei seinem jetzige,i Anfeindete in Warschau,
bei dem erneuten Aublick der Zerstrennngen
jeucr gcnußlicbenden Stadt, es ihm Iwi ge
worden, wie ein so reizendes, lebensfrohe
als Elga, auf dem Lande gar nicht an ilner
Stelle fei. Er fragte sie, ob sie den Aufentl,a>i
in der Hauptstadt vorziehen würde? — Än
sicherte der Graf, werde durch seine Gcfchäftc
Verlegenheit gestürzt. Sie verfichcrtc, nnn aber
auch jeden Nest von Liebe sür sie abgelegt zn
haben. Wenn ihre Brüder bettelnd vor der
Türe ständen, sie würde nicht öffnen, fagte fie.
Ner Graf übernahm zum Teil die Verteidign,!,',
feiner Schwäger. Er habc fie in Warschan gl
sprachen. Es war einer ihrer Vcrbannnngs
geführten bei ihnen, — wie hieß ei doch? -
Elga faun gleichfalls nach, — Oginsky! rief
der Graf und blickte fic rasch an. Sie veränderte
nicht eine Miene uud sagte: TieGenosfc» im in >.
Brüder sind alle schlecht, dieser aber ist der
schlechteste! — Welcher? — Nen du nanntest!
— Welcher war das? — Nnn, Oginslh! ant-
,,?er Graf war ans Fenster getreten und
blickte hinaus, Elga folgte ihm, fie lehnte den
Arm auf feine Schulter, Ner Graf stand i,n
beweglich, Starschenst», sagte fie, ich bemerke
eine ungeheuere Veränderung in deinen, Wes,n Tu liebst mich nichl, wie fönst. ?n verschweigst
n,,r manches, Tei Graf weudeie sich nm nnd
sagte: Nnn den,,, so laß uns reden, weil dn
Vermögensnmstände, du kennst deren Ursache.
Was noch sonst mich drückt, we,ß nur ich Wenn
nun die Ereignisse schwer ans mir liege,,, i>>
martert nicht weniger der <^edan!e, daß ,ch die
wiß war der Leichtsinn tadelnswert, nnl den, ich
das Erbe nie,,,er Väter verwaltete; vielleicht
war ich aber jogar damals strafbar, als icl>, der
nnbelüinmert, ob ich sie, nieine Frau geworden,
iu einer Lebensart verdammte, deren Emsörmig
teit ihr unerlraglol, N'erden innßle. ^lar
' ,ag<e 0l,i>, nnd sah ilü, i,,ü s>I>,n> ,>l,elu
dem Vorwürfe an. — Man l,al mir fremde
genau besel,e>i, ist es vielleicht am besten, ich
^and meiner Väter, l^estern noch waren menic
Eutschliisse sliisicier Aber die Überlegung der
!,einigen ),Vichl zeigte ,,iir diesen Eiusililnß als
,^.n blsien. .vente nascht, Versente l^ l>ia nusi
Irauisc!,, heute „acht hast du überlegt? Und
wo? Auf jcucr Warte etwa? Und 'da 2iar
scheust!) betroffen zurückfuhr: .Hab' ich dich?
— fuhr fie fort. Von dort her hols! dn !v,ne
'Besorgnisse? Vou dorther deineii ^^n,,sch, zi,
reise»? lind die Reisegefährtin wohl anch?
",i,>l'ie, dort abgesetzt ward, zu der dn nun
allnächtlich die Zärtlichkeit trägst, die dn nn
dem Altare mir zugeschworen, Fs! das mein
Lohn? — Komin! wendete sie sich ^n dem da
nebenstehenden >!,nde, tomin! Wir find ilin, ine
Last! Er hat andere ^renden le,,!,e,! geler,n,
entsnhr dem Mnnde des Grafen, über das er
fclbst zusammenschrai, wie über das eine.
wohl, sagte fie, daß es nnr 3che,^ n> >
die Enthüllung des Geheimnifses jener Warte
ersparst du dir »och nicht. Ich muß selbst
schauen, was sie verbirgt. Versprichst dn nnr
das? Ter <^>ras war ans eiu Ruliebell ,>e,nn^>,
n,,d veriiiillte das Gesicht in seiue beiden x^ande.
Ta hörte er, eine Türe gehen, Tioch d,e
Dinger blirlend, iah er das Kammer,nädslien
seiner Fran, die eben mit ihrem Nachtzeuge ein
treten wollte, nnd Elga, die mit einem listigen
Gesichte ihr Entfernung znwinlte. Elga nahte
hierauf dein Ruhebette, nnd fich nebe,, ilnen
Gatten hinsehend, sprach sie: «omm, 3lar
schensky, laß uns Frieden schließen! Wir haben
uns ja doch schon so lange nicht ohne Zeugen
gesprochen. Tainit neigte sie ihre Wange an
die seinige uud zog eine seiner >?ände an ihr
klopsendes herz. Ei» Schauder überfiel den
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik