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224 V, Ttudieu.
der Literargeschichte, die Werte der bedenten
den Schriftsteller jedermann ohnehin zugänglich
sind, so bliebe ihr als löistorie nichts übrig, als
aber nur unbekannt bleiben. In der politischen
Geschichte ist das Volk oder (wenn ich die Beüen
weggenommen haue) der Pöbel nicht ohne Be-
deutung- er füg! den Unternehmungen der Iiei
vorrage>,den'blanner die plnififrhe ,ssraft bei, in
der Literatur ist der Schriftstcllerpöbel nur da,
um durch Nachahmung das Gute zu entstellen
und dem Schlechten eine längere Dauer zu
geben; mit Ausnahme der Zeiten, die von Ori-
ginalität und Genialität träumen, wo derlei
Subjekte Albernheiten auf e,gene ^aust treiben.
Mau könnte mir einwenden, daß die Literar-
Geschichte wenigstens snr jenen Teil des Pnbli
lunis ihren Wert behalte, der, anderen Be-
schäftigungen hingegeben, nicht Zeit und Ge-
legenheit hat, von den Werken vieler anogc
zeichncter Schriftsteller selbst «ennlius ,',,,
sowie daß sür daosc,be Pubütum, ja sür einen
Personen, das richtige Verständnis jener Werte
mitunter schwierig sei uud daher eiue Nachhilfe
nötig mache. Aber nebstdeni, daß letzteres schon
aus dem Felde der Geschichte in das der «ritil
übergeht, spare ich mir die Vesprechuug dieser
Mit alle dem will ich nicht Uon der Literar
cs nicht dankbar erkennen sollte, Ner Mensch
will alles wissen- er soll über alles denken.
Außer der Wißbegierde (ich meine so, wenn man
etwas wisien will, was innern oder änsiern
NuNeu gewährt) gibt es auch eine erlaubie, ja
löbliche Neugier, die Uor allem deu geisireiilieu
Mensche,, besällt und unabläßlich nach Ve-
sriedigung strebt. Ich eifre nnr gegen den in
neuerer Zeit prätendierten Nutzen der Literar«
geschickte selbst für die praktische weitere Fort»
bilduug der Litcraturzwcigc, uud zähle sie viel-
mehr jenen mitnnter gefährlichen Bestrebungen
zu, die, indes sie einerseits die Masse der ober-
flächlichen itenntuisse, will sagen: Notizen, ver-
mehren, ans der andern Seite den Gesichtskreis
ins Unermeßliche erweitern, so daß endlich jene
innere Konzentration immer schwieriger wird,
ohne die eine Tat oder ein Wert nicht möglich
ist. Im Mangel dieser Konzentration liegt aber
der Fluch unserer Zeit,
Wie weuig gering ich von der Literar.'
denke, zeigt schon die Überschrift dieser Blätter,
Ich habe nämlich versprochen, niebt über, son-
dern zur Literargeschichtc zu spreche», also einen
Teil Geschichte selbst, und zwar, wie ich mich
jetzt näher erlläre, zur Literargeschichte der
Gegenwart, Naß ich hierbei, nach der Natur
meiner eigene» Beschäftigungen, vor allem die
Poesie im§luge habe, wird wohl jedermann schon
von vornherein vermutet haben, Ich werde
hierbei keine Werke beurteilen oder Namen ,ennen - mir ist's um das Ganze der drscheinnn,i
den Tadel versalle, den ich lnrz vorber über
jene ausgesprochen habe, die an? dem Bvden der
Geschichte gar zu gerne in den der >lritit über»
Geduld hat, all das Mittelmäßige nnd schlechte
zn lesen, das der ,viswr,!er als solcher iich nn>n
ersparen taun, wohl kaum je die Gabe haben
wird, ein berechngies >lnnslnrteil zu sällcn, i
d d lüstl isch Bb d E!
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der lünstlcrisch Begabte nie den e,
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!>,>- ,!!!, i!,l' ililirt, liin Nichter aber, nnd ein
! ! nieielile ich mir zn sein, dnr>>,
,n,t Veruachlässignng des einzelnen, seine MVi'
nnug über den allgemeinen ^tandpunlt abgeben
dürsen.
Eigentlich ist Geschichte der Gegenwart ein
Widlrsprnch, Tie ^>ege,i>vart ist ein Angenb!i>l,
ein Jetzt, das im nächsten Augcublick in o
tnnst 'übergeht, von der wir »ub,.> n>,,'>,,,
andererseits aber sich an die nächste vergangen
heit knüpft, die man wohl nnler den, Manien der
('»egenivart auf ein sogenanntes Menschenalter
ansdelnieii kann! solucit die Ictztlebenden filb
Uiriillerinnern, und zwar um so niebr, ü'enn
dieser Zeitverlust zugleich eineu Wendepmill 1,1
sich schließt, wo er dann zur Epoche wnd, >.',n
solcher Wendepunkt hat nun in der deutschen
Poesie allerdings stattgefunden, und er dürste
o ziemlich mil Schillers Tode zusaninieniresie,^
)cr große Goethe hat ihn zwar um viele Jahre
überlebt; aber an der Poesie znlent säst »nr
dnrch den Wechselvcrkehr mit seinem Freunde
estgehalten, gab er sich Uon da an immer mebr
ind mehr den Naturwisscuschastcn h,n, i,nd seine
päteren poetischen Erzeugnisse haben, bei diesen,
geteilte,! Interesse, dem Vcrsalle der Poesie e!,. r
Tur und Tor geöffnet, als ihr einen w,rtsan,en
I.,!:,,n enigegengeseltt. Hiervon, so sreuclhast
es klingen mag, vielleicht später nieln,
Nie erste (irseheinung dieser uenen Epoche:
die Abnalnne des Talents, mit einem immer sich
mehrenden Beigeschmack von Taktlosigkeit, darf
uus, was die bloße Abnahme betrifft, weder
wundcru »och befchnmeu. Nie unmittelbar
vorausgegaugeuc Periode war cbcu das goldene
Zeitalter der deutfchcn Poesie, ja der deutschen
Literatur überhaupt. Alle Literaturen ha^en
solche Glanzperioden, deren Gründe znni ^e l
erklärbar, teils so unerklärlich sind, al-^ alie
Erscheinungen der geistigen nnd körperlichen
Natur, Nach einigen anregenden Vorläufern
erscheinen ein, gewöhnlich aber zwei große
Tichtcr, welche die Poesie mit einen, Nnit auf
eine bis dahin nicht geahnte Stufe erneben ^>e
Nation fühlt sich auf deu neueu Weg !,,n.,e
wi> ien, die Sprache gewinnt Farbe und Gestalt;
Gleichgestimmte weiden sich ihrer dnntelu Be>
gabung bewußt; die der allgemeinen Richtn,,g
Widerstrebenden werden durch die Gewalt de^
Mittelpuuktcs zu einer gewissen »onzentrizität
geiNNlügen, Telbst das Mittelmäßige arbeitet
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik