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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
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1. Zur dcutjchen Literatur, 239 Wenn der „falsche Wanderer" Goethen bc- sclinldigt, er verstehe keinen Charakter zu zeich- nen, leine seiner Personen habe einen Charakter, so zeigt er, daß ihm die Bedeutung dieses Wortes in künstlerischer Beziehung ganz fremd isl, da er es, statt in dieser, immer im moralischen Sinne nimmt, wo es für Festig. leit, Unwaudelbarteit des Charakters,Begrüudet- >^ü demselben ans seste Überzeugungen, gilt, ^ieistcr nnd Plulene, Tcrlo und die Gräfin !,,N>',i ln'sti,nn,t geschiedene, künstlerisch völlig Gefahr sind, moralisch als charakterlos beurteilt Ui werden, Tiefes Tchicksal teileii sie mitzdamlet leicht sogar mit Macbeth und Othello, Tiese Toren, die verkennen, daß Goethes Poesie allerdings einen Mittelpunkt ^Ml aber feiten bestehenden, sich allein genügenden, Herr« lich.-n, großen: die Menschheit, das Wirtl,che, das Zaltuu,, die Welt, lichc Wichtigkeit, die den Parkanlagen, klein- Leben lese, der auch feine unvergleichlichen >",il>r,i den wichtigsten Angelegenheilen seines eigent üchsten Berufes, ,ia!ün. Cs soll aber eine Ab- fache entzogen, Tnrch dieses Ansspinnen der '.','edcnsache hat er fich zugleich zweitens den vl'rwi'ndtichailen g>'l,örig ins Psychologische oder vielmehr Moralische zu übertragen, Tie Charlotten springen nicht so leicht mit SiniVnleiter Uon Ereignissen nnd Cmpfinduugen, anch nur im Gedanken Nanm geben, Änge- deutet ist manches! z, N, daß Charlotte fricher ,'.il>si ein Verhältnis zwischen Eduard nnd Ottilie U-artgesMiNuen nehmen allen Naum zur genanen ^,,ül nlclnng fort. Abscheulich ist, wie sie jetzt dastelit, die Geschichte jener ehelichen Nacht, gleich in Verbindung mit der Gelegenhcitmacherei zwischen dein Grafen nnd der Baronesse, ,1l.>>l ml das zugegeben, welch ein unend- liches Meisterstück ist dieses Werk, An Menschen, tennlnis, Weisln'it und Empfindung, Tar stelluugsgabe, Charattcrzeichunng nnd dichte- rischer Veredelung des scheinbar Gewöhnlichen hat es in keiner Literatur seinesgleichen, '^or den, n,iif',,gNeu ^alne kann man es kaun, völlig windigen, aber es gehört ebensowohl zum 7vlnch kann, Wenn man mir es übrigens schenken wollte, ich möchte es nicht gefchrieben haben. Die leiden« immerliin mit Grenzen uud Tchiauten nicht genan nehmen, ja die Poesie lebt zum Teil ,n dem gewöhnlichen Leben steht, je mehr mnß es Greuel "nnd Abscheu ist. Über jeucn zweiten Teil des Fanst, Was läßt sich sagen? Goethe hatte teils durch das höhere Alter, größtenteils wohl aber durch die tanUei ,1, ,,>>, ^^schnstigtl'it seiner letzte» Jahre vou jener lebcndig-oersinnlichenden ilraft eingebüßt, welche allein Gestalten gibt und Gcmütsintcressen er» schätzen bereichert, hatten sich ihm daher zu Tränmen und blutlosen Schatten verdünnt, die man noch immer billigen, ja bewundern muß, verwandt fühlt. Auch mag dazu noch gekommen icin jener begreifliche Wnnsch von Goetlies letzter Zeit, keines seiner geistigen Kinder unversorgt zurückzulassen, Sowie ihn das veranlaßte, mit Besonderheit angefangene Werke fortzusetzen und abzuschließen, so scheint es ihn sogar verleitet zu haben, Teüe nnd Bruchstücke, die ursprünglich nicht sür einander bestimmt waren, gewaltsam Sorge für die Herstellung der Linheit -,i,m Ganzen, der Bcwnnderuug der Zeitcu und der GrwUt seines Nameus überlassen zu habe», des Faust zum Teile auch der Fall gewesen fcin. Tie darin aufgenommenen antikisierenden Be- standteile wenigstens sind offenbar Bruchstücke aus einer Tragödie Helena, die Goetlie in aufgegeben hat. Ebenso trägt die klassische Wal- purgisnacht deutliche Spuren eines llntiquari- mittelalterlichen Wnnderlichteiten, der Brocken- szene ähnliche Monstrositäten der griechischen Zeit gegenüberzustellen. Es ist ein poetisch aus» gciülntes Schema, wie Goethe sie zu machen liebte. Vie Briefe Goethes an Frau von Stein (von denc» ich erst zwei Bände gelesen habe) sind für Goetlies Korrespondenz gelesen habe, obschon sie, einzeln genommen, ziemlich langweilig find, dieser starre Eliarakler so hingebend, so weich fein konnte, ist ein merkwürdiger Beitrag zur Geschichte seines Innern, Tiese Frau war also der Prinzessin in Tasso vorschwebte. Nie Briefe
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Title
Grillparzers sämtliche Werke
Subtitle
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Volume
II
Editor
Rudolf von Gottschall
Publisher
Hansa-Verlag
Location
Hamburg
Date
1906
Language
German
License
PD
Size
11.2 x 15.9 cm
Pages
552
Keywords
Dramatik, Literatur, Gedichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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