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302 V, St
aus Toledo, und da alle Umstände gege» ihre
Ehrbarkeit sprechen, beschließt ei, sie auf eine
höchst wunderliche Probe zu stellen, Er ver-
kleidet seinen Dieuer als reichen Indianer, der
ihr auf die plumpste Art Autläge macht, und
da sie dem Possenreißer widersteht, ist er völlig
von ihrer Unschuld überzeugt, Er trägt ihr
trotz ihrer Armnt seine Hand an, und nun wäre
die "Komödie eigentlich zu Ende, Da der dritte
Akt aber noch nicht die erforderliche Länge hat,
lucrden noch eine Menge Ereignisse anger^lu,
worunter auch gehört, daß Von Juan sciuc
Braut in das haus seiner Mutter, sein eigenes,
bringt, wo sie aber von feinem Oheim Ton
Pedro aufs schmählichste ausgewiesen wird, Vci
oiefer Gelegenheit kommt ein Zug vor, dei >ill>,,i
ein ganzes Stück von gewöhnlicher Mache wert
ist. Nachdem der Oheim Don Inans ihr alles
Erniedrigende gefagt und sie eigentlich zur Türe
hinausgeworfen hat, verletzt fie, sich auf ihr
reines Verhältnis berufend: „Aber um der Ach
tung willen, die mau einer Frau, bloß darum,
weil fie eine ist, schuldig ist, und damit ihr nie
das geschehe, was ihr sagt, schickt mich in B»
glcitung irgend eines Mllimes fort, denn ich
bin cine rechtschaffene Frau und eine Fremde,"
worauf Ton Pedro einen Diener rnft und olmc
Reue oder weitere Nesleriou ihm besucht: ,,^ü!nt
iene Dame, wohin sie es Euch befehle» wird,"
Man kaun die Ehrenhaftigkeit des Spaniers
und die Achtuug gegen das Geschlecht nicht präg
nanter zeichnen.
Darum wiederhole ich: wenn man Lofte de
Pega wieder auslegt, muß man keines seiner
Stücke weglassen, es ist kaum eines, welches
derlei herrliche Inge, oft wo man es am wenig-
sten sucht, nicht aufzuweifeu hätte.
Zuletzt kommt Lueindeus ^heim zurück, und
es findet sich, daß von ihrem Vater, was wech
ich, wie viel tausend Dukaten aus der ucueu
Welt für fie angekommen find, was denn die
volle Belohnung des Liebhabers ausmacht.
Uberlianpt ist das Ttück gar nicht uneben, der
erste Akt sogar vortrefflich nnd anch die übrigen
mit Rücksicht auf den höchst einfachen Stoff
sehr gut mit allerlei ^zeucn und Geffträch aus-
gejüllt.
Tomar, König vou Bengalen, will zum Ge-
dächtnis eines erfochtenen Sieges dem Mahomct
den grüßten Tempel erbauen, den es in der Welt
gebe. Er läßt sich daher von verschiedenen Archi-
tekten Pläne vorlegen, worunter ein Spanier
ihm den Abriß des Esknrials zeigt, den der
König sofort für das achte Wuuder der Welt
erklärt. Aber auch soust begeistert er sich aus
den Erzählungen des Baumeisters für Spanien
und deffen König Philipp und beschließt, selbst
mit einer Flotte dahin zu reisen. Diese Reise
beschließt der Veziei und des Königs Schwester,
dessen Geliebte, zu benutzen, um sich des Thrones ',>, l',',u>ichlüien. Der »önig leidet ^chifsbruch
uud wird, auf einer Planke fchwimmend, ans
den kanarischen Inseln von dem >lapilan Don
Bnltasar aufgefangen und als TNave zn fei,,eu
VerU'andten na>!, sevilla mitgeuonmie,!.
Eiuer diefer Verloandten, Ton Juan, lmt
seine ^clnuester Touna 'Anna eine,,, reichen ^n
dianer zur Ehe versprochen, ol'woM d,e>
Sevilla anlangt, hat >ener Indianer, Gernrdo,
in Erfal,ru,,g gebracht, das, seine Braut Touua
Anna ein uneheliches >!,n^ sei. nnd fein ^ ,' i
zurückgezogen. In den Etreitigteiteu, die d,,,
iil-er entslel,en, zeigt ^oniar seine Tapserteit uuk
Ii'glnheit iu Touua Anua, die sich ihn, gleichfalls
geneigt erzeigt, um fo mehr, als auch ihr fricheree
Liebhaber, Dou Pedro, sicki zurück-,,el>t, da er
außer der Bastardschast au>l, erfälnl, dasi d,e
Mutter seiner Geliebten noch dazu eine M>,ii!,,,
gewesen sei, Ter Brnder ?on Juan tötet den
>,ck der Stadt nnd deS »önigS Philipp
brachte nnd die er jcl.tt i,>ella,,!e,i n,'i>l, bringen
ihu, ja selbst seinen Herrn, iu deu Verdacht des
Tiebstahls, und Tumar wird eingekertert, n>»
ihn denn die übrigen Gefangenen, da er sich
mit einer Tnblone freigebig zeigt, znui >le^,!!l,
des Gefängnisses ausrufen. Der etwas dnniie
Schlußvers des zweiten Altes >äs>t zw>!
ob er diefes Ereignis, oder die, «tadt Madrid
Die Gefeilschast toniiut loieder nach Sevilla
zurück, uud hier eröffnet endlich Touiar feinen
>r>ahrcn Stand nnd wirbt nni Tonna Annas
Hand, Tic Verwandten haben nichts Besseres
nach Bengalen zurückzukehren, Tort hat indes
des >!ünigs Schwester nnd der treulose Vezier
den Thron an fich gerissen, ja auf die Nachricht
vou Tomars Wicderleyr schicken sie Leute, iliu
zu fangen und zu tüteu. Durch die alte Liebe
seines Volkes uud die Würde, mit der er den
Mördern entgegentritt, bringt er jedoch das
Land auf seine Seite und besteigt wieder den
Thron, den er mit Anna teilt. Er hat mittler-
weile die Taufe uud iu ihr dcu Namen Philipp
erhalten, so daß bei seiner surtgeieNi
geistcrung sür Spanien alle ihm ausgebrachten
Viv2 ?elipL vom Publikum sehr leicht auf ilnen
eigenen König Philipp lM) bezogen werden
!o»»teu, welcher sonach das achte Wunder der
Welt vorstellt.
In diesem Stücke führt sich Lofte dc Vegll
selbst als der poetische Barbier Pablos auf,
als welcher er sich gegeu die autos und überhaupt
gegcu die ganze ^Calderonfche^ ^peknlatious«
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik