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V,
wandt, die Emftsindnug mit dein Erkennin,^
vermögen. Das erstere wirlt nnbeilnißt, das
Sie verhalten sich zueinander wie der unartüu
lierte Auflchrei und die artikulierte Nede, Tas
^lefiihl gehört dem Dichter als Menschen, das
zweite ihm als Lichter,
Walter Scott.
Walter Scotts Poesie eine Wnhrneh-
mungsPoesie, im Gegensatz der An schaun u gs
Poesie,
Mau ist so weit gegangen, Walter Scott
mit Shakespeare zu vergleichen, ja wnbl gar
zusammenzustellen, Etwas Verrmlleres !as',t sich
wohl nicht denken, Gerade das, worin man sie
verwandt jiuden will: die Charakteristik, be-
gründct die ungeheuerste Verschiedenheit, Alle
Charaktere Shakespeares habe» das bestimmlestc
einen Blick in die innerste Wcrkstätte der mensch
da; selbst ihre scheinbaien Widei spräche gleichen
sie durch die siegende Veweiskrast der Existenz
aus, Shakespeare, er gab seiueu Persouen leine
E!>ara!tere, sie stellten sich il>m sclion mit eiucm
vollständigen Charakter begabt dar,
Scott macht Charaktere: manchmal mit
w i l l er vorher, ehe er schafft, nnd seine ge-
lungensten Iügc tönue» die Absicht uie ver
leugnen. Er ist ei» scharfer Beobachter; was
cr beobachtet hat, weis; er lebhaft uud gewandt
hinznstelleu, aber jede seiner Pe>'i!.'nen is>, g^nan
betrachtet, eine Mehrheit von Züge», d>e ei st
ein ordnender Verstand zur Einln'it gebracht
hcit der inneren Anschauung he>vo>gel,t, uud
aus dieser erst die Mannigfaltigteit der uit
scheinbar widersprechenden Eigeiiü,!!^
hervorgeht. Was mau durch Welt uud Men-
ichcnlenntnis, durch Studium der Geschichte und
Mittelpunkt, das unerklärte ^eben5priu;ip ieblt
iciuesivegs auf ciuc hoheStuse Anspruch machen,
Seine Persouc» scheine» daher auch nur be-
stimmte Eharaltere zu haben, so lauge ei sie
beschreibt, so lange sie in Ruhe sind, so lange
von ihnen gesprochen wird; sobald sie handeln,
schüttelt der zufammengetragenc Bau, und sie
benrtuudeu immer mehr und mehr ihren Ur-
sprung: den Vcgriff,
Was die Anordnung der Fabel betrifft, fo
sind mir die Tetails darüber uicht so gegeu-
so,,deren Anteil lese. Meistens scheinen aber die
Begebenheiten interessant zu sein lwobei frei-
lich nicht entschieden wird, ob sie diesen ^m',ug
der Cinpsindung-ökraft des Verfassers oder der Treue deo ^lirmiiften verdankn, ans dem s,e
genommen sind), Tie ^'ltnnpsnng delülbcn
crmangelt selten der >l0ii,V>m> >>',,
>^ng auf die Tarsiellnng ist z,l>isch>'u
^!li>>l der "vorm nnd der ^>'bend,li>>',i
uud Wirlfamleit zu untcrscl'eide,,. l^si>'>> !>>,t
vielleicht »och lein dichter, d,r ^n einen, '.'>a,nen
, so sebr veluachl»!!!>n, >'!-> der Ver
fasscr der )!>0nia,ie, die nniei ^^>>l'' ')>,!,i,!,,
q,!k'i>, ^ine breitere, wmüviil^r,' 'i.->l'sa kanu
taum in einer nii'islischen Tednl!i0,i v^ntouinien,
und jedev ^teeben nach ^ä>mil>eil ist so g^n-,
daraus verbannt, dasi w0>>> n^ 'ch uieniand die
Lust angekommen ist, wie einein doch f,mn
gegnct, eine oder die andere ^u'Ile ',!,,,, >,ini!>,i
Male zu lesen, Wenn 2eott luirtlich dee Ver
sasfer dieser Xiomaue isi, >i>>i,> ic>, jedoch sehr be»
,o ist diese Verflößuug der 3^
Sonderbarste, was eineiu s^> gendien ^elsli>'
tateur begegnen tann, Tieje Einleitung! , i '
eisten Bande! ^ft trägt diese n,it Umständlich-
keit verbundene Breite zwar alliloings ,i,
lislüeit deo Targestellten bei, öste> aber ue,!)
crniiidet sie bi'- inni Uberdruft,
Tie Wahrheit der Nnrsiellnng nun ist
beinahe durchgcheuds sehr groß, uud hierin liegt
eigenttich da>> >>anl>>veldien>, dc--- Versassees
und der ,^anptg>lind seiner Wirtnng ans dai'
Pnblitnn,, Seine Schildcruugcu aller >'l>t sind
nnnbl Nivnlich, Wo die Erzälilung in d,i.>
Tra,natische streist, wo der Än^-brnch der beiden-
!>>>>nt da-> lyrische erfordert, ist die Schn.>>i>l!e
des Autors, Man kann liihn Uou i>,,n >,> >
Tichter behaupten, dnü er >veder i>,i eigenü,,!>!'!,
Elw/, uolli in, Traina, oder in der höberen
!^>nit et>l>ao Vedentende? zn leisten verineg,-,
Nangstlisr anc'5nsch!n's',en?
Tee Hauptmangel endlich ist der Abgang des
Gewahrwerdcus eines über denü'>,i!!',>,, s,l n>, >>,,, >
den, erlnN'enen, ilbeN,,i> ,,>,! ^ieiitec-, We,,n
nnt ihm Eins zn sein scheint, so ist der Stoff
danach, und alles, was die Erde holn,- ,m>->
!,'nnt, findet darin eincn ^>ann,. We,,n
aber ein Stoff, wie der des Ivanhoe oder
Waverley, und der Geist eines Verfassers sich
so uolltommcn decken, so cutsteht für !,!>.,,,,
gcbreitetheit,
Tas ^bengeiagte gilt eigentlich wohl nnr,
',!i>u Teil von Waller ^eolt. ^n eiuige,l seiucr
besseren Werke/seiner besten Charaktere ist wirk»
liche Anschauung, Tac' gilt besonder l^ >n
lingspcrsonen; der Naun, aber neben diesen ist
selbst in seinen vorzüglicheren hervorbringungen
niit solchen Begriffswesen ausgefüllt, die cr
Kopf gesetzt hätte, durchaus einmal chnrall^
ristisch sein zu wollen.
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik