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, Zur Geschichte und Zeitgeschichte. 357
Madame Ablautes bestreitct jene
Hcsitation,jenes
Versagen der Nede und des Entschlusses,
das Vourrienne und andere am 18, Brumaire
im Saale der Fünfhundert von Napoleon aus-
sprachen, Tagrgeu laßt sie ihn, da er die
leinen Augenblick stille stehen und immer im
Zickzack herumgehe», aus Acsorgnis kor einein
Pistolenschuß, Letzteres ist viel unwahrschein-
licher uud mit Napoleons sonstigem Charakter
»noereiubarlichcr als ersteres, Er hat aber bei
großen Unglücksfällen öfter suamcutlich bei
beiden Abdankungen, beim Nückzng ans Nuß-
land), obgleich iuiuiee uur für kurze ^,eit, ein
viuter-sich-sclbst-zurückbleibeu gezeigt, das merk-
luürdig geuug ist, Napoleon wußte den Erfolg
zu erschaffen, er hatte ihn aber zugleich uot-
!uc,,dig, uni der zu sein, der er war, Tcr Hinter-
>!>ar eine riesenhafte Phantafie, die seiue» jämt-
lichcn Fakultäten jene alles mit sich reißende
l'lewalt gab. Wenn diese viz inoti-ix durch ein
wieder zu steigern. Er war, trotz seiner schein-
bare» «alte, der Mann des Enthusiasmus, und
ein ruter Faden von erhabenem Wahnsinn geht
Madame Abrantes beschuldigt Las Cases der
Unwahrhastigkcit, weil er Napoleon im Memo-
rial jene halblächcrliche tomueuische Abstani-
mnng ihrer Familie bezweifeln läßt, von der er
doch überzeugt gewesen sein soll, 2ic tut Las
Cafes unrecht. Nenn wie Napoleon im Spiele
betrog uud die Eigennamen durch Verstümme-
lung sich mundgerecht machte, so sprach er auch
oder Hinzufügung eiu Ereignis für seinen klassi-
fizierenden Geist fo geläufig zu macheu als eiuen
Eigennamen für sciueu Muud, Tavo» siud
hundert Spuren in seiner Konversation auf
< t^, .Helena, Cr wußte zuletzt selbst nicht mehr,
was cr auf solche Art zu den Ereignisse» uud
Verhältnissen rein hinzugedichtet.
Ich freue mich, daß Madame Äbvantes diese
Iosephinc, in demselben Lichte sieht, iu dem sie
Zugleich der Walmsi»» Aleranders und die
berechnende Klugheit Cäsars war in diesen,
Mann! Cr war der verständigste WahnsüiuiV^,
Nobespicrre.
In Nobcspierre ist etwas, das selten vor-
kommt, dasür aber auch furchtbar ist, wie uichts
Zweites: die Lraltation eines kalte,i !^ >>cniütes,
Thiers findet den Schlüssel zu seinem Charakter
im Neide, Ich glaube, er hat seine Gegner mehr
verachtet, als beneidet. Er war der Pedant der
Revolution, Er hielt sich allein für klug, weil
lein Gefühl Zutritt iu seinem Iuueru hatte. Wcnu cr Diktator sein wollte, so geschah es,
weil er sonst nicmaudcu dazu fähig glaubte,
und hat er spätcr mit den Feinden Frankreichs
wiß wcnigcr Eigennutz die Ursache, als Gering-
schätzung,
Lafayette.
das Gewäsch, das er dem General Washington
schreibt. Wer kann glauben, daß die Auszcich-
anderes war als eine Lockspeise für die franzö-
sische Regierung uud dessen Volt? Wie cr da-
mals war, ist der Schreiber dieser Memoiren
immer geblieben. Er starb als eiu altes «iud,
einer juugeu Vewegnng zu setzen, aber auch
immer von ihr ausgcstoßcn, sobald sie die
Kinderschuhe vertreten und die Folgen sich an
die Stelle der Ursachen gesetzt hatten.
Freiherr vom Stein.
Tie deutschen Geschichtschreiber der Neuzeit
sind sehr übel nnf Thiers zu sprechen. Was
Thiers als Mcnsch uud Intrigant betrifft, mögen
fie sehr recht haben. Ebenso, was seine Partei-
Cr hat treu dargestellt, aber lediglich aus fran-
zösische» Quellen, Vafür hat cr aber große
Vorzüge, Er schreibt gnt, ohne in 3cl,ö,,-
schreibcrci zu verfallen. Er entwickelt mit der
größten Bestimmtheit und Teutlichkcit, Endlich
versteht er die öffentlichen Gcfchäfte, Er hat
selbst in allen Fächern gearbeitet, >a die lunlisle
Leitung des Staates geführt, indr^ die demschen
Tugcndpolterer »ur aus ihrer Studierstube uud
vom Katheder poltern.
Zugegeben seine große» Verdienste als Minister
des Innern für Preußens Wiedererweckung und
Kräftigung, hat er fich doch, als Napoleons
Macht durch die Elemente und die Übertraft
Kopf gezeigt. Er wußte gar nicht mehr, ob
er ei» Nüsse, eiu Preuße oder ein deutscher
Standeoberr war, Frankreich Provinzen zu cut-
waren, Nie Übermacht Frankreichs zu brechen
und dafür auf Nußland zu übertragen, ja zu
verewige», da letzteres auf breiteren Base» ruht
als Frankreich, Er, der dem Fürsten Metternich
Mittelmäßigkeit vorwirst, weil cr sich vo» dc»
Umständen, weuu auch offenbar zu sehr, be»
stimmen ließ, hatte nichts Angelegentlicheres,
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik