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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
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370 V, ?tn>i^! i . darin, das; die Schlauheit niii das Gegenwärtige >m Äuge hat uud Mittel sucht, dasNächslliegcnd.' zu Nutzen und Vorteil zu dringen, indcü die Verständigkeit das Gegenwärtige aus dein Ver> gangrnen herleitet uud die wahrscheinliche Zu- kunft nicht aus dem Auge verliert, Tie Schlau- heit ist daher ost scharssichtiger und fast imm« geschulter, als ihr verständiges Gegenbild, eben weil sie einen engeren Gesichtskreis hat und man weniges leichter übersieht als viel. Nur zu oft aber entgeht ihr der kaum errungene Nutzen, und der Held von hente ist das Ge- spülte von nwrgen, Tazn kommt noch, daß diese fehler der Einsicht, denn das ist sie, säst ininier mit Fehlern des Charakters nnd des Willens verbuudcn sind; vor allem Eitelkeit und Selbstsucht, Genau geuommen, sind alle Greuel der Gegenwart nnr dadurch entstanden, das; der Schlechtigkeit, der Unvesuuucuheit uud dem Un- Louis Philipp, ein so verständiger Mann, als je Tcr Staatsmann Österreichs, durch Schmeiche- lei versührt, knüpfte so viele Fäden au, daß er Wer wird dcn Wortführern der Ungarn die Schlauheit, ja die Geschietlichtcit absprechen? Über den Augenblick hiuaus aber war alles Uu- Man bespöttelt die Koustituliunen, weil die Regierung uur zu häufig Mittel findet, ihren Anträgen eine Mehrheit zu verschaffen. Nie sich die Negierung, der Zurückweisung im voraus überzeugt, gar nicht zu machen getraut. Ter ^iuu der Konstitutionen liegt nicht darin, daß das Volk imstande sei, sich am besleu selbst zu regieren, Tas ist aber höchst selten der Fall, sondern darin, daß jedermann das Recht hat, seine eigenen Angelegenheiten, gleichviel, ob gut oder schlecht, selbst zu verwalten. Man erzählt sich, der König von Preuße» gebe seinem Lande eine Konstitution. Nas Er- eignis wäre welthistorisch. Wichtig nicht bloß Bresche gebrochen in die sciudlichc Protestation der absoluten Mächte gegen die dortigen Zu- stande, Tie Iulins-Nevolntion ist auerkannt, und Frankreich lritt in die Familie der übrigen taaten ein, Tie >lo»sli!!i:w,,en dri dentschen Länder U'rrd.n jetzt erst eine Wabr heit. So lange die einzelneu Negieruugeu i,< !l,'.vv Apposition gegen die VM^smmne s,ch durch eine überlegene äußere M, saben, inußte die Vertretung des Landen oln, niäcbtig bleiben und endlich zn cineni Peillüe herubsinken, Rußland ist von nun an der ge meinsnnie Feind, Osterreich, das feine dynnstifilu' Sicherheit in der Vereinzelung feiner Provinzen su>l,en zu muffen glaubte, wird bald einfelieu, daß es gegen die Anziehnngstraft von nü,>,i einer ^chinerlraft nach innei, lndiirfe, und würde, bei derAnflocieruug aller andere,,Verln,!^ bände, diefc nur in einer Verfaffung finden. Wenn der König uun P>> eine gute Konstitulion gibt, so ist i^sni'. zehn Jahren von ln'nte lonstitntionell. Aber wuhlgemcrtt, wenn er eine gute gibt. Eine ungenügende würde schlimmer sein als keine. Streng genommen, ist der richtige ^e,!^ puntt schon versäumt. Bei seiner Tlironbe- steignng oder ein Jahr später würde jede Form Jetzt ist das Land, oder vielmehr die Meinung schon in Opposition getreten, Tic Gabe ist nicht mehr ganz freiwillig, oder vielmehr nur insofern nicht erzwungen, weil der »önig e,n Ehrenmann ist; wäre er's nicht, so stünde es ihm frei, einen König von Hannover zu spielen, Ter diese Zeilen schreibt, ist kein unbedingter Frcuud der Koustitutiuucn, oder vielnieln er !,ält ihre erste Einführung für gefährlich, Ter Neiz der llngebiindenheit nach langer Bevor- mundung hat sich schon manchem Pflegebe- fohlene!! als verderblich gezeigt. Staatliche, Operationen^ heilbringend für die Zutunft, ver- doppeln sie das llbcl für die Gegenwart, und mehr als ein Patient ist schon am Wnndficber gestorben, Ter richtige Gang für jede solche Veränderung wäre der der englischen Ver- fnffniig. Vom Geringen anfangend, durch das Bedürf- nis vermehrt, im Gebrauche bestätigt, steht e,w< lich das Ganze als ein notwendiger Organismus da, in dem selbst die mirch dcn >^u« sammenhang gerechtfertigt erscheinen. Aber zu einer solchen Entwickelung aus dem Keime ,st für Preußen der Zeitpuukt versäumt, Ta-5 wenige genügt nicht mehr, man will etwas Fertiges, schon im Beginne Befriedigendem Woher nun den Bauplan für ein solches, nicht mehr natürliches, sondern Kunsipiuoutt nehmen? Tie Vernunft allein genügt bei derlei praktischen Tingen nicht, das hat die fra^ Nevolutiou der neunziger Jahre gezeigt, ÄIsu die Erfahrung, das schon anderwärts, zu anderen Zeiten Geschehene: die Geschichte.
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Title
Grillparzers sämtliche Werke
Subtitle
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Volume
II
Editor
Rudolf von Gottschall
Publisher
Hansa-Verlag
Location
Hamburg
Date
1906
Language
German
License
PD
Size
11.2 x 15.9 cm
Pages
552
Keywords
Dramatik, Literatur, Gedichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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