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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
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VI, Viographisches. 377 hincinfnllcns darbot, Ta war denn der Gebote und Verbote kein Ende, und an ein Herumlaufen ohne Aufsicht war gar nicht zu denken. Be- sonders hatte der, der Gartenmauer zugekehrte hintere Nand des Teiches, der nie betreten chne etwas Bestimmtes dabei zu denken, verlegte ich unter die breiten Lattigbläitcr und dichten Gesträuche, alle die Schauder uud Geheimnisse, gcwölbe" bevölkert war. Wir wurden zwar nicht mit Gespenstern bedroht oder geschreckt, demungcachtct als ich uud mein zweiter Bruder zn gleicher Zeit auf. Als man herbeilief, er- zählten wir, wir hätten einen Geist gesehen, Nuf die Frage: wie er ausgesehen? sagte ich: Schleier, Mein Bruder aber: wie eiu „Hörndler" Hirschkäfer), Tie Freude an dieser Landwohnung wurde nnr zu bald gestört. Mein Vater trieb in dem gemeinschaftlichen Garten die Blumenzucht nicht damals noch unverheirateten, Tanten gar leine andere Vestimmuug sür Blumen denken, als, wie eine hervorkam, sie abzureißen und entweder als Strauß an die Brust zu stecken, oder in Baiser und Glas ans Fenster zu stellen. Noch ärger trieben es die schon etwas heran- gewachsenen und sich einer großen Ungebundcn- hcit erfreuenden Kinder meines Onkels, Sie liefen ohne Umstände in den Beeten herum und teilen war, Ta gab es denn immerwährende Magen, das Haus wurde allen drei Parteien «erleidet, und man war froh, einen Käufer zu finden. Erst einige Jahre später mietete mein ^atcr einen Garten in Hcrnals, wo wir den Tommer über wohnten und mein Vater als alleiniger Besitzer jede Störung von seinen ge- liebten Blumen abhielt. Als die Sinnesart meines Vaters bezeichnend, erinnere ich mich noch, daß er einmal uns drei bindern Peitschen machte. Meine Brüder be- kamen ganz einfache, Inindsame, mit denen sie »ach .Herzenslust klatschten. Für mich, seinen vorausgesetzten Liebling aber, nahm er einen so dicken Prügel und eine so starke Schnur, daß ich damit durchaus nichts anzufangen wnßte, ob- gleich er selbst, mich im Gebrauch unterweisend, dem ungeheuern Werkzeug weitschallcndeKlatsche entlockte. Er konnte sich nicht gut in die Weise der Kinder sinden. Sonst weiß ich von Enzcrödorf nur noch, daß ich daselbst durch einen alten Schulmeister die Anfangkgründe der Buchstabcnkunde, wohl >uar äußerst respektvoll, und außer seiner Ge- stalt ist mir nur noch erinnerlich, daß er das Schmollen und Trotzen mit dem wunderlichen Namen des „LserlbindcnZ" bezeichnete Wahrscheinlich fing schon in Enzcrsdorf an und setzte sich in der >»tadt fort, was die Plage meiner Knabcnjahre gemacht hat, Ehe ich noch den vollkommenen Gebrauch meiner Gliedmaßcn hatte, setzte sich nämlich meine, für Mnfit be- geisterte, Mutter vor, mich in die Geheimnisse des Klauierspiels einzuweihen. Noch gellt in meinen Ohren der Ton, mit dem die sonst nach- sichtige Frau in ihrem Eifer die Lage der Noten: Wenn nun gar der Versuch auf dem Klavier gemacht wurde, und sie mir bei jedem verfehlten Tone die .Hand von den Tasten riß, duldete ich höllcnaualen. In die Stadt zurückgekommen, wurde ein eigener Klauicrmeister aufgenommen. Leider wqr meine Mutter in der Wahl nicht glücklich. Sie verfiel auf einen Johann Mcdaritsch, ge> nannt Gallus, einen, wie ich in der Folge er» fuhr, ausgezeichneten Kontrapunktistcn, der aber durch Leichtsinn und Faulheit gehindert wurde, seine Kunst zur Geltung zu bringen. Bestellte begonnene Oper mnßte der Kapellmeister Winter vollenden, ja, durch einige Zeit in "Diensten des letzten Königs von Polen, ging er jedesmal zur Hintertür hinaus, wenn der Wagen des Königs am vorderen Tore anfuhr, fo daß diefer ihn endlich entließ, ohne ihn je spielen gehört zu er Klavierunterricht geben, obwohl es ihm wider- lich genug war. Mich gewann er lieb, aber sein Unterricht war eine Reihe von Kinoerpossc». Nie Finger wurden mit lächerlichen Namen be- zeichnet, der schmutzige, der ungeschickte usw. Wir krochen mehr unter dem Klavier hernni, als daß wir darauf gespielt hätten. Meine Mutter, die gegenwärtig war, begütigte er dadurch, daß er in der zweiten Hälfte der Stunde und oft darüber hinaus phantasierte und fngicrte, daß ihr das Herz im Leibe lachte. Statt mir Finger- satz und Geläufigkeit beizubringen, machte es ihm Spaß, mich bezifferten Baß fpielen zu lassen, ja einmal komponierte er, der Faule, sogar für mich ein Konzert mit allen Instrumenten, das dem, da ich gar nichts konnte, das Klavier wahr» scheinlich nur einzelne Töne und Akkorde hatte, indes die Instrumente das übrige taten, Für meinen Spaß tonnte er sich sogar Mühe geben, zum Ernste war er nie zu bringen. Und doch war er kein Spaßmacher, mcl>r lindisch als scherzhaft, Da er nun zugleich in seinen Stunden sehr nachlässig war, so tam manchmal statt seiner seine Schwester, eine äußerst lange, sehr häß- Klavicrspiele machte ich auch bei ihr leine be- merkbaren Fortschritte, dafür lehrte sie mich aber, während der nur zu häufigen Ausruhe» gegenwärtig aber, wie ich höre, häufig ange- wandten Lautiermethode buchstabieren und lesen.
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Title
Grillparzers sämtliche Werke
Subtitle
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Volume
II
Editor
Rudolf von Gottschall
Publisher
Hansa-Verlag
Location
Hamburg
Date
1906
Language
German
License
PD
Size
11.2 x 15.9 cm
Pages
552
Keywords
Dramatik, Literatur, Gedichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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