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I, B i o g l a'
am Klavier fitzend, ohue Auch, Ich weiß nicht,
wie es ging, aber ich tonnte lesen, ehe noch
jemand eine Ahnung davon hatte.
Nun wurde beschlossen, mich in die Schule
alle Vorzüge einer öffentliche» geincßende Privat
anstalt, Ta ich die Hauptsache: fertig Icfen,
tonnte, so gi»g ma» über den Mangel derben,n
nis ini Rechnen und der Sprachlehre lnnans uud
versetzte mich sogleich in die höl,er>,
au;og, nicht ohuc Eifer, vernachlässigte aber da^
üdlige, Tas Einmaleins ist mir bis auf diese
Stiiiidc »icht geläufig. Eine» Teil der ^»luilo
Nichte aber trägt sich säiwcrcr nach, a!> >'Iu
saiil^'gründe. In dieser Schule habe ich zwischen
Lob nnd Tadel zwei Jahre ausgehalten, lernte
ganz gitt schreiben, blieb aber im Rechiien »nd
Grammatik znrück,
Ten Mangel der letzteren ersetzte ich praktisch
alles erstreckte, dessen ich habhaft weiden louute.
Vorderhand war es die biblische Geschichte des
Neuen Testamentes in für Kinder bestimmter
lirzählnng. Was mir sonst in die Hände siel,
weiß ich nicht mehr. Eines der frühesten Bücher,
die ich las, war der Text der Zanbeiflöte.
iluer gespielt und betrachtete jenes Ereiguis
als den Glanzpunkt ihres Lebens, Außer ihrem
Gcbetbllche besaß sie lein anderes als diesen
Qperntext, den sie so hoch hielt, daß, als ihr
Schoße des Mädchens sitzend, las ich mit ihr
abwechselnd die wunderlichen Ninge, von deue»
wir beide nicht zweifelten, daß es das höchste sci,
zu dem sich der menschliche Geist ausschwinge»
tonne,
Wenig später fiel mir eine uralte Übersetzung
des Quintliö Eurtius in die Hände, Wahlschein.
lich als Tcrelilt unter altem Gerumpel auf dem
Tachbodcn unserer Landwohnuug, das mir der
.Hausherr, ein Tischler und Säuser von Pro-
fession, gerne überließ. Ich weiß nicht, wie
oft ich das dickleibige, großgedruckte Vuch niit
Ende dlirchlas. Was ich nicht verstand, ließ
ich in den Kauf gehen, um so mehr, als weder
meine Mutter, noch das Stubenmädchen mir
mir das Buch, wie schon öfters geschehen, als für mich ,licht passend, wegu>'!,mc». Vor al!>'m
X-isugic, ^ >»^s', wohl Paralipomeiia, oder
ähiilich, ^niudeulang marterte ich mich, lim
glücklich.
Eben auf dem ^aude, wahrscheinlich aus der>
selben Qualle, gl-nVi ich aus heiligen- »nd
letzteren mir lviul'u ^u,,scl) znr Nacheifenmg
erweckten, iude-7 ich glaubte, die beiden und
Qualen der MaNm-« ebenso gut erduld,i zu
tonnen, al5 jeue ^Iauben«mäuncr, Zch d.'schlos',
richtete, I,i die Stadt ziiniclli/leln't, n,>lird.' eiu
'.^iilll id aus Goldpapicr verfertigti ich la? d,c
Messe, wobei mciu zweiter Bruder, der ^liuge^
wegen, bereitwillig mimstrierte, ,^ ch pi^ö,gte
uo» einer Stuhllehne herab, iuobei ich freilich
als einzige Znhöreri» unsere alte Köchin hatte,
für ein einziges Stück, da^ sie »»anfhörlich
wieder zn hören begehrte. Es war damals die
hiilrichtniig Ludwigs XVI, noch in frischen: Ge>
dächtnis. Mau !,atte mir unter anderen llduu^o
stücken auch eiuru Marsch gebracht, uuu d '^ui nian
l>elia»ptete, daß er bei dieser Hinrichtung ge»
spielt wurden sei, in dessen zweitem Teile ein
Rntsch mit eiuem ei,lzigc» Dinger über eine
Mordbeiles ausdrücken sollte. Nie alte Person
vergoß heiße Tränen bei dieser Stelle und tonnte
sich »icht satt höre»,
Mei»e kirchliche Richtung war übrigiü
im mindesten religiös. Mein Vater war in der
josephinischen Periode aufgewachsen und mochte
dem Bedienten, der ihr das Gebetbuch nachtrug:
wir »inder tarne» »ie in die Kirche, ^ch e>
innere mich »och, daß ich später im Gymnasium,
wo jeder Schultng mit einer Messe begauue,!
wurde, immer wie ein Wilder meine Schul»
ziilnie» oder an die Brust zn schlagen habe.
Bald darauf tam uns die Lust, Komödie zu
spielen. Wie sie kam und wer sie anregte, weis',
ich nicht. Wir Knaben waren äußerst selten in,''
das erste Mal, noch als Kind in eine italienische
^per mit »»einen Eltern, denen ei» uu>
Graf, ein Klient meines Vaters, für den Abe»d
seine Loge überlassen hatte. Ick erimiere mich
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik