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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
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880 VI, Biographisches. nns sehr entfernt verwandter, älterer Bnrsche, Pappe herbeizuschaffen, uns Geld an^ uuserer Sparbüchse lockte; wie dann, a!s der Betluii herauskam, es sogar zu Auseiuanderseynugcu mit dem Vater des Schuldigen kam, nnd wir sowohl die Lust verloren, als unser Pal« Ei» spräche tat. Mittlerweile, ungesähr in mcinein achten Jahre, hatte ich die deutschen Echnlgegeustäude zurückgelegt und sollte ins Gymnasium eintreten Mein Vater aber, der besonders mit Rücksicht auf meine große Jugend dem Besuch der össent« lichen Schulen abgeneigt war, beschiß, uus >:nn einer der wunderlichsten aller Menschen, Ein sonderbares Gemisch Uou innerem Fleiß und äußerlicher Indolenz, Er kam als Theolog in nnser haus, änderte seine Meinung und studierte Medizin, AIs ich ihn nach Jahren wieder fand, hatte er auch diese aufgegeben und die Rechte absolviert, so daß wir trotz eines ÄlN'rouuler schiedes von beinahe zwanzig Jahren, in gleicher Eigenschaft als zlonzcptspiattitnntcn bei der Fin'anzhofstclle gleichzeitig eintraten, Seine Lernbegicrdc ging über alle Grenzen, So hatte man ihm vorgeworfen, daß er nicht französisch tönxe. Nun legte er sich mit solchem Eifer auf dicfe Sprache, und übte sich so unausgesetzt, daß, als wir zusammen bei der Finanzstellc dienten, ins Teutsche übersetzte, Tie fremde Sprache war ihn: geläufiger geworden, als die eigene, Tabei grenzte aber seine Indolenz nach anßcn beinahe an Stumpfsinn, von dem eine große Blodfichtigkeit den körperlichen Ansdruck bildete. Wir hatten seiuc Schwächen bald weg, und die Streiche, die wir ihm fpiclteu, grenzten aus Unglaubliche, So liebte er, zum Beispiel, nung besehen wolle, in der Absicht, sie zu mieten. Mein Gärtner, so hieß er, springt im ,ve,,ide aus den« Nette und flüchtet sich hinter einen Vorhang, der eiue abgesperrte Verbiuduuqstür mit der Nachbarwohnung bedeckte, Unterdessen sichre ich meinen Bruder herein iu den Kleidern Ta setzt sich denn der Bube in der Mitte des Zimmers, unt de-m Rücken gegen den Vorhang gekehrt, in einen Sessel und bleibt ciu paar Stunden laug sitzen, indes der arme Hofmeister im Hemd und mit bloßen Füßen alle Qualen der Angst und Kälte erduldet, beschloß er endlich zu strafen, Nie Strafe be- stand iu dem Verbote, bei Tisch von der vierten Speise zu essen. Nun duldete mein Vater nicht, daß wir uus, aus Vorliebe oder Abneigung, im Essen wähler isch bezcigt t 'u, ^ c u u uuu !>>>' vc> ' botene Ep>',se t>i,,i, sil'c'l,' der ^iniNnii-, >V,m'n Teller von sich ab, „Was so» da> dienten?" fragte mein Vater, — „Ich daule, ich mag davon nicht essen," — „Tu wirst eji/u," sagic mein Vater, Und nun ließ sich der Schuldige rcich lich herausfassen und aß nach >v> ^noinst, wo» bei er triumphierend nach dem Hofmeister l.'ln>!e, der, auo "vnvcht vor dem Vaier, sich >i,,M ,^u deren volle Bestätigung und Äu^sülnuug sonst außer alle,» Zweifel gelegen Witte, Wir Brüder hätten uns nicht so leicht cumu.^i' viert, Tcr haupturhcber war eiuer ,e,,er ^ochne seine Nlunienbeetc zertreten Iiatteu, Er besuchte u»Z manchmal und, uui iuol,reie ^nhrc älter als wir, wurde von dein iu unserem »inse lebeude,! Vetter Albert Koll getteullch uulrisiünt, Sie marterten den armen Gärtner l>>> allfs Vlnt. Er aber glaublc alles und ging immer wieder von ncnem iu die Falle, Ich selbst iu»s> uiir das Zeugnis gelxu, unr Meine Achtung gründete sich auf seine Bücher, die er unausgesetzt las, nnd »ach seiner "vahr' lässigkeit auf allen Tischen liegen lirs;, Ta war nnn ein französischer Telemach uud ein latei» nischer Autor, wahrscheinlich Euetonins, beide mit deutschen Anmerkungen uud auc-iiilnlulnu In diese vertiefte ich mich, fo oft ich ihixi' uur uns nicht einmal die Schulbücher laufte, obgleich er das Geld dafür erhalten hatte, das sich bei der späteren Katastrophe unberührt in seiuem Schranke vorfand. Er drohte uns täglich mit dem Anlanf dieser Bücher, kam aber uie dazu. Ja endlich wurde der Müßiggang als eine Ue» lohuung für sonstiges Wohluerhalten oder für geleistete kleine Ticnste, förmlich zu Recht er< hoben, Ta er alles umher liegen ließ, seinen Schrank nie versperrte, ja sogar die lieransgc» zogenen Schubladen zurückzuschieben ueigaß, so nahmen wir von seinen Sachen ungescheul aürs, was uns als Spielwerk eben anstaud, Tie Ent- Ta wurde nnn festgesetzt, daß, wer ihm etwas Verlorenes zurückbringe, für denselben ?ag nichts zu lernen brauche. Ich erinnere mich, daß der eine die eine Nchuhschnalle. der andere die zweite und der dritte die Beinkleiderschnalle ihm als gefunden zurückbrachten nuo dafür alle drei vom kernen frei waren. So ging es beinahe ein volles Jahr fort. Endlich aber brach das Schicksal herein. Mein Vater hatte einen lateinischen Brief nach Ungarn
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Title
Grillparzers sämtliche Werke
Subtitle
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Volume
II
Editor
Rudolf von Gottschall
Publisher
Hansa-Verlag
Location
Hamburg
Date
1906
Language
German
License
PD
Size
11.2 x 15.9 cm
Pages
552
Keywords
Dramatik, Literatur, Gedichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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