Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Page - 385 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 385 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II

Image of the Page - 385 -

Image of the Page - 385 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II

Text of the Page - 385 -

VI. ViographischeZ. 335 zutrauen, und da war dann dein ernsten Manne unleidlich, mich durch solche Nebengclüste von eigentlich zwcckfördcrnder Tätigkeit abgezogen zn glanben, Sein Mißvergnügen stieg auf den äußersten Grad, als gerade damals, da nach einer Reihe ungeschickt geführter Kriege die Franzosen zum ersten Male Wien besetzten, ich, der ich nach dem Beispiele meines Vaters der eifrigste Patriot war, mich doch nicht entluilten tminte, meinen Unwillen über so viel verkehrte mehr erbärmlichen Gassenhauer Luft zu machen, Er wurde blaß vor Schrecken, als ich es ihm vorlas, machte mir die eindringlichsten Vor- durch diese Verse in Gefahr gesetzt werden könnte, und band mir auf die Seele, nicht, e-> friedigung voraussetzt), wohl aber, es niemand sehen zu lassen, Nas habe ich treulich gehalten schon des andern Tages mein Vater bestürzt aus dem Gasthaus zurück, wo er manchmal des Abends ein Glas Vier zu trinken Pflegte, rief mit allgemeiner Billigung von einem der Gäste vorgelesen worden sei, Tas Zeug machte gerade die ganze Stadt; glücklicherweise erriet aber niemand den Verfasser, sSichc Anhang 1,) Das ist einer der beiden Fälle in meinem gehaltenes Gedicht den Weg, das erstemal zur ^ssenNichkcit, das zweiteinal an seine besondere Adresse fand. Ich will auch den zweiten Fall hier anführen, für sich vereinzelt dasteht, keine Entwickelung-?. Periode bezeichnet und ich ihn an seiner Stelle leicht vergessen könnte. Mehrere Jahre später hatte ich mich in eine Thcatcrsängerin verliebt, die als Cherubiu in Mozarts Figaro in der doppelten Verklärung, der herrlichen Musik nnd ihrer eigenen frischen jugendlichen Schö,il,eit, sich meiner ganzen Ein- bildungskraft bemächtigte. Ich schrieb ein Ge- dicht an sie, das man wohl gut kennen kann, obwohl die Glut dniin ein wenig an das Vcr- rnckte, wohl gar Unsittliche streifte. Mich ihr Ich war damals in den dürftigsten Umständen, selbst meine Garderobe legte davon Zeugnis ab, worbcu, Gold und Seide als tägliches Opfer er» !,ie!t. Auch die Reize meiner Person ließen keinen günstigen Eindruck voraussetzen. Ich schloß daher meine Verse mit einen, demütigen- den Ges„I>!^ nie nnd nichts in der Welt hätte mich vermögen können, es jemanden minmeiiei, Lange danach kam ich mit einem, wenigstens damals noch, reichen jungen Manne znsamme,!, der in der ^,eit meines Ehcrubinfiebcrs der Ve- eünstiqie, nämlich zahlende Liebhaber der huldin Glill^izcr« sämtliche Ucilc, II. gewesen war. Wir fprachcn von Poesie, und er bemerkte, es sei doch sonderbar, daß manche Dichter, die mit entschiedenem Talent aufträten, in der Folge ganz verschwänden. So sei in der Zeit seines Verhältnisses mit jener Sängerin, er wisse nicht wie, ihr ein Gedicht in die Hände, gekommen, das die gesteigertste Liebeswerlning in den schönsten Versen anssprach, Tas Mäd- chen sei darüber wie wahnfinnig geworden, habe alles aufgeboten, um den Verfasser ausfindig zu machen, und geradezu erklärt, wenn es ihr gelänge alle ihre Bewerber fortzujagen, um dem midetannten Sänger zu gewähren, um was er fo fchön bitte. Es sei darüber beinahe fast zum wäre unter allen jetzt tätigen Tichtern leiner, dem er jene Verse zuschreiben könne. Ich ue» langte, das Gedicht zu sehen i es war das Art hatte es den Weg zn ihr gefunden, und während ich mich in hoffnungsloser Schnfuchr , abquälte, erwartete der schöne Gegenstand mit ^ Ungeduld die Möglichkeit, mir entgegen zu kommen. So ist es mir aber mein ganzes Leben gegangen, Mißtrauen in mich selbst, wenn ich bedachte, was sein sollte, uud damit abwechselnder Hochmut, wenn man mich herab- setzen oder vergleichen wollte, Nas ist aber der ini '^eden schädlichste Stolz, der nicht aus eigener Wertschätzung, sondern aus fremder Gering- schätzuug hervorgeht. Ich kehre aber in die Reihenfolge zurück. Schon jetzt, obschon kaum fünfzehn Jahre alt, faßte ich, als Vorspiel künftiger herzcnsangc» legeuheiten, eine heftige Neigung für eine Schau» theatcr, die, mir noch aus ihren Kindcrrollen er- innerlich, damals nicht älter sein mochte, als ich selbst. Ich war mir bei dieser Neigung beinahe etwas Willkürliches bewußt, der Gedanke stand mir nicht völlig fern, daß ich diesem Mädchen, sowohl ihren, Talent als ihrem Äußere,! nach, eine höhere Geltung beilege, als sie allenfalls habe, und doch vertiefte ich mich so in meine Leidenschaft, daß, als sich in der Folge heraus» steille, was ich früher schon als Gerücht ver-> iwmmen hatte, daß sie von ihrem Vater an einen reichen alten Herrn verkauft worden fei, bedeutendes nervöses Fieber verfiel. Tiefes allerdings difsolnte Treiben übte verderblichen Linsluß, Ein mir angeborenes Schamqcfühl nach innen und außen bewahrte Kameraden mir von allen Seiten gaben. Ich hörte kaum, was an meinen Ohren, ich sah dicfes — soll ich es NechtlichkcitsgefülU nennen? — — war so stark, daß ich mir nicht einimil
back to the  book Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II"
Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
Title
Grillparzers sämtliche Werke
Subtitle
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Volume
II
Editor
Rudolf von Gottschall
Publisher
Hansa-Verlag
Location
Hamburg
Date
1906
Language
German
License
PD
Size
11.2 x 15.9 cm
Pages
552
Keywords
Dramatik, Literatur, Gedichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Grillparzers sämtliche Werke