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VI,
Vogel war während dieser ganzen Zeit auf einer
'üe",fe in Tenlschland abwesend, wo er taug»
liche Subjekte für das Hofburglheater auffuchtc,
Älü icl> ilini bei seiner Znrücttuuft das Stück
fertig übergab, schien er anfangs nicht selir er
baut, erivarinte sich aber nach und nach, ohne
daß uon Änderungen oder Verbesserungen auch
nnr die Rede war, die ich auch nicht zugegeben
hätte, Ja, eines Tages sagte er mir: „Sie
Iiaben einen großen Begünstiger Ihres Stuckes
gefunden," Eo war dies der Schauspieler
Morean, der auch als Komparse».Inspizient
fungierte, nnd dein da^ Manuskript zur Herbei-
schassnug und Abrichtiing der erforderlichen
besser als,,Tie Schllld", was damals teiu tleines
Lob war, und woran Schreyvogcl vorderhand
Nun ging es au die Besetzung der Mollen;
Madame Scliröder, in deren Fach die Sappho ge-
hörte, befand sich, infolge eines ihrer imme»
U'ährenden kriege mit der Tirettion, ini ^!ns-
lande uud drobte, nicht wiederzntomlnen, Man
war daher genötigt, anf eine in anderen Fächern
der Melitta halte ich zur allgemeinen Verwunde«
rnng die (Gattin diese' letzteren bezeich,»et, die,
!>,>!'!> liebenswürdig in deu sogeiianntcu In-
, nie in veisiiizierten Stiicten, vor allem
ab',':' nicht in der Tragödie gespielt hatte, End»
lich tani Madame Schröder zurück, bemächtigte
sich der Hanpirolle, war Feuer uud Flamme und
sieclle iederman,, mit ihrer Äegeisierung au,
'^c- tain zu den Proben. Tämals war es
mit diesen Vorübungen im Hofburgtheater sehr
schlecht bestellt- besonders bei Stücken, wo nur
von al^ vortrefflich anerkannten Schauspielern,
vorwmen, veNieien die beide,i ersten Proben in
VerabveDnngen über das ReclM nnd ^ints des
.'lnsirelens, die Feststellung der Plätze uud deu
!^ >rad der Äunäliening oder lHntsernnng, Tie
^lollen >vn»den beinahe nnr gemulinelt, um so
meyr, al-? die ^chanspieler ihrer noch gar nicht
mächtig waren, Bei der dritten uud letzten
Probe endlich ,n>is;teu sie doch mehr an? sich
heraucgelnn, Ta nunlite deun ^,'iadame Korn
als 'vielilta solche Ü^nnderlichteiten, war so
uianieriert nnd unwahr, daß mich Schauder be-
fielen. Fch sasi im fingern Parterre allein ans
emeni Spellsiye uno dachte, die lleinc Person
allein reicht hin, um das gauze Stück um-
zuu'eiien, Ta, loährend des liierten und fünften
vom leutadisclien Felsen längere Zeit hin»
brachte, raschelt ec- plötzlich neben mir. Ein
Frauenzimmer hat sich neben mich gesetzt, sie
fängt an, zu reden, es ist Madame Korn, Sagen
Sie mir doch, hebt fie au, haben Sie sich denn
die Melitta so gedacht? — Aufrichtig gesagt, er- widerte >.^ '.','>,!,' 'Ader wie soll ich sie denu
sonst spiele,,? fährt sie sort, — Ich glaube, ^ie
,','^idei' sie spielen, wie ?,e ^Ine ,tt>>,i'>eü:>w>!e,!
spielen, — Aber mein Mann und die .'>
gehoben sein, — Ta habeu F!,r <'>emal,l iind die
Schröder allerdings reelu, adee der Vel-,-, die
Ilnigelning — ich >,alie I,,i,,zusehen tonnen, Ihr
iiiwel'gleichliches Talent — werden schon die
nötige Hebung hineinbringe,,, ,>>,,,e daß Sie
sich deshalb besondere Mnbe zu geben brauchen,
umlernen? Aas wußte ich freilich nicht, meinte
aber, fic sollte wenigstens so uiel a>>? möglich
Uon ihre,u ualiirlicheu Tone hineinbringen, —
Tamit ging sie fort, warf über Nacht die ganze
ihr aufgedrnugenc Ansicht der Rolle oon sich nn0
war bei der Anfsührung fo über alle Äeschrci»
biing liebenswürdig, daß sie die Krone des
Abends davontrug,
(21. April 1818,) Ich selbst besaud mich, meinem
Vorsatz getreu, nicht unter den ^meliern, so,,'
dern ans der Vühne, Meine Mntter aber, die
einen Sperrsitz in der dritten ttaleric inne hatte,
wurde crlaunt uud sogleich oou einigcu nii^ de,u
Publikuiu umringt, die ihr zu ihrem Sohne und
seinem Erfolge Glück wüuschten, fo daß die gute
Frau uur Freude weinend nach Hause tam.
Mit der Kritik tan, ich diesmal sehr gut zu<
rechle, Tamals Iierrschten iloch Lessings,
Ä'idcnschaftcn die Anfgabe des Tramas seien,
fiel niemand ein, zn bezweifeln. Tas Auti«
quarische. Geographische, historische, Stalische,
Spelnlatiue, der ganze Ideentram, den der Tich-
ter fertig uorsindet nnd von außeu iu sein H^erk
hineinträgt, wird dadurch von selbst zur Staffage
nud olduet fich dem Menschlidien nnter. Höili-
hätte in Sappho mehr das Weib als die "Dich-
terin gcfchildert. Ich war nämlich immer ein
Feind der Künstlerdramen, Künstler find ge>
wohnt, die Leidenschaft llls einen Sto>>
handeln, Tadurch luird auch die wirtliche Liebe
sür sie mehr eine Sache der Imagination, als
der tiefen Einpfindnug. Ich wollte aber Sappho
Von allen Kritikern zeigte sich nnr Müllner er>
bust uud ungerecht. Es gehört jetzt zum Ton,
über den Verfafser der „Schuld" und des
„fingurd" abschätzig zu sprechen; demungeachtct
aber lebt jetzt kein Tichter, der in dein, was
Müllner gut gemacht hatte, ihm an die Seite
fachtuudige Kritiker in Tcnifchland war.
Cchrchvogel stand mit Miillncr in Brief»
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik