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VI. Biographisches. 413
durch einen hohen Staatsmann des beteiligten
ist, Mein Verleger hatte, uhur das; ich es Wichte
rder ,!!!>>! darum ti!!u,u>.'rte, seineii Almanach
der >",',,,al)>iu des ebenso wegen seiner e»
l.'uil!il!l!i Kiiustausichten, als wegen seiner
sln',,li,',i Neligiosität, belaunleu >lio>iprinzcn
!,!<- ,,,^,u Verleger wahrscheinlich auf eine
goldene Tose oder derlei als Gegcngeschent
spetuliert !>atte. Er fand sich nun von meinem
Gedichte im höchsten Grade geärgert, und, olnu-
die Folgen seines iibereilteu Schrittes zu be«
d.utü, lieft er au die höchsten ^rte in Wien
Gedicht (das meinige) befinde, seiner Gemahlin
,',,!>,!'!,,m't werde, Eine solche Insinuation rincr
! 0ii,sl> l!,'udeu und iwch dazu uerwandten Per-
sönlichteit ließ sich »un freilich uicht ganz
ignorieren, Tasi die untergeordneten Schurke»
nnd Tnniinköpfe, die fürchte,! mochten, daß ich
alles taten, um die Flamme zu schüre,!, ver»
steltt sich von selbst, oder vielmehr ich weiß es,
Tie Zcnsnr tat alles Mögliche, um ünvn
Fehler wieder gut zu machen. Mein Gedicht
winde aus sämtlichen, uoch in Wien befind»
felUN' diese Verfügung ihren Zweck, Hvie ich
gesagt, waren vierhundert niiverstümmeltc
Excniplnre bereits ins Ausland veist'udet
bringen. Wer sich lein gedrucktes Exemplar
verschaffen konnte, schrieb wenigstens aus einem
solchen mein Gedicht ab, und nie hat irgend eine
meiner 'Arbeiten eine solche Verbreitung in
von dem verebrungswürdigcn Publikum ohne
Geschmack auf der Zunge gefressen worden wäre,
wie Gras,
Tas war aber noch nicht alles. Durch ein
vom höchsten Ürie ergangenes Handschreiben, in
dem ich mit der in Steckbriefen gewöhnlichen
B^i>>mimg: ein sicherer Grillparzer, höchst
üüi.ll'.r gcmacht wurde, erhielt der Präsidcnt
der Polizei und Zeusurshofstelle den Auftrag,
mich persönlich zur Verantwortung aufzu-
fordern, Meine Verantwortung wäre nun ganz
turz gewesen, Das Gedicht hatte das imprimatur
der Zensur erhalten, und so war ich als Schrift-
steller volltommcn gedeckt, Tadurch fiel aber
das Vergeben auf den Zensor, meinen Freund
Schreiwogel, zurück, nud das mußte abgebaüen
w^rd^u. Ich schrieb daher in einem Aufsätze,
den ich dem Polizeipräsidenten überreichte, alles
zusammcu, was sich zur Rechtfertigung oder Milderung der Gedanken nnd Ansdrücke irgend
sagen und aufbringen ließ, Tie erste Hitze
mochte vergangen sein, die Sache blieb auf
Lump sich an mir reiben, mich angreifen und
verlästern zu können. Jeder Wunsch und jede
Aussicht wurde durch die stehcude Formel von
oben, „ja, wenn er die Geschichte mit dem
Papste uicht gehabt hätte" (so beliebte man
hielt mich, wie einst der alte Graf Seilern,
für riuen halben Jakobiner und Religious-
spüttcr, und es brauchte der traurigen Er-
eignisse des Jahres 1848, um die Regierung
lauf wie lange?) zu überzeugen, daß sie keinen
u'ärmeren Anhänger ihrer Sache, als zugleich
der Sache meines Vaterlandes, habe als mich,
der zugleich als Mensch und Schriftsteller die
gesteigerten Ansichten der Poesie und die g»
mäßigten Anfoidernngen des Lebens sehr gut
dramatischen Gedichtes durchaus nicht, Ich er-
innere mich »och, daß ich die Verse, die >!rewa
im zweiten Akte der Medea als ein Lievlings-
liedchen Iasons hersagt, im Vorzimmer des
Polizeipräsidenten, einer stürmischen Audienz
harrend, mit Bleistift niedergeschrieben habe;
muts Platz machen werde, so eilte ich so viel
als möglich zum Schlüsse und weiß noch, daß
ich die beiden letzten Akte der Medca, jeden
in zwei Tagen, geschrieben habe. Als ich zu
Ende war, fühlte ich mich völlig erschöpft, und
ohne das Stuck zu überarbeiten Und ohne daß,
außer den Korrekturen im Verlauf des ersten
trug ich es in halb unleserlichem Konzept zu
Schrehvogel hin. Nieser beobachtete, nachdem
er es gelesen hatte, ein langes Stillschweigen,
meinte aber endlich, das wunderliche Ting
müßte denn doch noch ein wenig liegen, Ich,
mit meiner gewübulichen Unbekümmerthcit um
mir durch Zerstreuungen aller Art, aber auch
durch Neschäftignug mit den Alten und mit
Kants Philosophie, die mir erst seit kurzem
näher bekannt geworden war, die lästigen Gc-
daiileu über Gegenwart und Zukunft ans dem
Kopfe zu schlagen. Da kommt auf eiumal
das goldene Vließ müsse unmittelbar in Szene
gefegt werden. Was diese Änderung in seiner
Ansicht bewirkt hat, weiß ich nicht. Hatte er
anfangs das schlecht geschriebene Manuskript
hotter Tu'.chlcsung sich meine Absicht bei der
allerdings barocken, aber von vornherein ge-
wollten, Vermcugung des sogenannten No»
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik