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418 VI, Biographisches,
in tolio, den ich mir als Quelle für den illtokar
beigelegt, nnf das Znstandelmnnien jenes Tnrch»
brnchs allerdings ge»om>»e» hnt, Anf de,n
lieh der Kriegsgott in voller Rüstung ungefähr
fo abgebildet, wie ich mir die äußere Er-
scheinung Ottokars gedacht hatte. Niese Figur
reizte mich an, meine Gestalten nach ^
zu werfen, und auch während der Arbeit lehrte
ich jedesmal zu iyr zurück, so oft sich meine
Bilder zu schwächen schienen. Ebenso hatte,
zu einem willkommene» Ttichpnnit gedient.
Ich machte nun meiner freiwilligen G.'
fangenschast ein l^nde, und mcin erster Gang
war zur ^lieaterdirettion, der ich mein Etücl
überreichte, und zivar im Konzept, da, indein
ich de,i Tloff so lange in mir getragen, das
Niederschreiben beinahe ohne Korrektur Uon-
Ttück abfäneiben und gaben es zur Zensur,
von der wir leine Auslande besorgten, da,
wenn das regierende Haus eigens eimv
Schmeichler bezechlt hätte, dieser der Handlung
leine gi,nsligere Wendung geben konnte, als die
dramatische Notwendigkeit mir von selber ans»
gedrungen hatte,
erlüeltcn auch meine ainllichen Ver-
hiiliiiiffe eine günstige Wendnng. Ter sogenannte
^.Vinifieriallonzipis! des Finanzmiuislerinüis,
nainlill, der >t>,m;ept^bea,nte, der, in der un-
mittelbaren Nähe des Finanzministers, im
fördert, nnd Graf Etadion verlieh mir augen-
blicklich diese Stelle, mit der außer dem gc°
Gratifikation von einigen hnndert Gulden des
Jahres verbunden war, Tiefe Vefördcrnng cr-
frente mich nm so mehr, als ich nun auch dem
^ojilieaier meinen Kontrakt als bestellter drei»
malischer Tichtcr zurückgeben konnte und Uon
nun an sreie Hand über meine Arbeite» hatte.
Meine neue» Geschäfte waren höchst geringfügig
und erhielte» erst eiuige Bedeutung in Ver»
Hinderung^- nnd «rnnlheitsfnllen des Viini-
Gcschäftoslücke dem Minister Persönlich vorzu-
nnzngebe» hatte, infolgedessen er die wichtigeren
zur eigene» Lesnng bei sich behielt, die anderen
aber -,nr Verteilung an die Tcpnrtemenls zn^
rückstellle, Anch dieser Teil der Geschästssührung
N'nrde nur dadurch brschuierlich, daß sich Graf
Tageszeiten gewöhnt hatte, Er legte sich erst gegen Morgen zu Vette und stand auf, wen»
die anderen ^euie sich znm ^iimgomaln schien,
er ans den Gcfellschaflen nad, »nise ta,n, nder
Alten nnd G^'chäM ^iechenfchaft zu gebe»,
r.'as in halber Echlaftrnntenheit nicht ü,nner
fließend vonslallen ging, ^>lii(IItti>ern,'eise n>ar
fo eifersüchtig, daß er fa feile» als möglich
lrant nnnde nnd eine andere Abwefcnheit sich
nicht leicht znfchnlde» tonimen ließ. Bei
Reifen de? ^iiinsiers aber, >mn unter besonders
der 2om,neraufentl!alt anf femei, rniiein ge>
hörte, fiel die ganze '^ast auf den >lon-,ipis!en,
der ihn alsdann zn !üe, eine ,^'asl,
die dnrch die peinliche Millelslellnng zivischen
llügeuchniem Gesellschafter nnd »»tergcordiieieni
Beamien bedeutend erfchwert wurde, Anßer
ri.'i',i Ansnahnissälle» bestand das Geschäft des
die Tcparteinents, M^„ Borgänger halle anch
über diefen Teil feiner Änitsführung ein
mysteriöses Tnntel zu Ucrbreilen gesncht, Cr
lief zehnmal des Tages ab nnd zn. Ma» sah
ihn nie ohne ein versperrte^ Ättenrwrteseuille
nnterm Ärm. Lin beredetes ^liüsllnveigen
deutete an, daß er weiß Gott was ,
eigeuer Adresse und zn eigener Crösfnnng an
den Minister felbst, der llng genng >rae, sie
erst nach der Bearbeitung nnd Ausführung,
wenn sie anfgeiidrt hatte», geheim zu sei»,
a» das Protokoll zur Einfchaliuug ab^ugebeu,
Ta ich n»n über dicfe» l!»,sland anf Befrag.»
kein hehl hatte, meine unbedeutenden Geschäfte
so einfach und schnell als möglich abtat, so
nnd alle, die meinen Vorgänger angestaunt uud
ob seiner Geschäftslast bcdcniert hatte», sagten
von mir: ich hätte nichts zn tu», worin sie
der Wahrheit so ziemlich uahe tnmen.
Tes vauptvorteils meiner Stellung, der
Nä!,.- des ^inislers, sollte ich bald durch eigene
Tchuld verlustig gehe». Nie ^ i t meiueü cigcnt»
licheu Tienstes, der 2oni»,er, lam, und ich
mußte den Grafen nnf feine Güter begleiten,
>>n»ian, wie er war, zog er de» jeweiligen amt»
licheu Begleiter auch in feinen ^ainilieutrei^,
»nd ei hatte kein Hehl, wie e>? iyn erfreue,
feiner Familie statt meines bornierten Vor-
gängers einen Tichler »nd Mann von Geist
zuführen z» töimcn.
In Wien bestehen über nieine geselligen
Talente die entgegengesetztesten Ansichten, T«
einen finden mich höchst liebenswürdig, die
andern unerträglich. Ob die ersten recht I,abe»,
weiß ich nicht, die letztere,! können unzweisel»
hafte Erfahrungen für' fich nnsiiliren. Ten ^'r-
tlärnngogrund bildet, daß fiir mich der TchreäV»
aller Tchrecke» die Langeweile ist, Tie vor»
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik