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VI. Biographisches.
hcit vermehrte, Goethen aber Klagelieder vor-
zusingen uud von il>m durch nichts verbürgte
In diesem Unsinn war übrigens doch auch
ein «örnchen Sinn, Goethes damalige Ab-
neigung ge,ien alles heftige uud Gewaltsame
war mir bekannt. Nur war ich aber der
Moiuuug, daß Nuhe uud Gemessenheit nur dem-
gehcuren Gehalt hineinzulegen, als Goethe iu
o,-> ^olmienie uud im Tasso getan hat, Zu-
>3iärle hat, Tas >uaren nun bei mir da
mals warine Enipfindnng und starke Phantasie,
fühlte ich mich, auf niciuem damaligen Stand-
pnntle der unbefaugeuen Anschauung, viel zu
Stillschweigen hinzunehmen, dazu hatte ich vor
ihm viel zu viel Ehrfurcht,
das hat Goeihen verstimmt. Mit Recht mochte
es ihm auffalle», dasi ich die dargebotene Ge-
legenheit, mich über meine Arbeiten uud mich
selbst aufzuklaren, so gleichgültig versäumte,
liche, ihm widerliche Änsbrüche bei mir noch
nicht erloschen sei, Oder er durchsah meine
ganze Stimmung und urteilte, daß llnmänn-
lichleit des Charakters auch ein bedeutendes
Talent zugrunde richten müsse, Er war vo»
da an viel kälter gegen mich,
Schwäche, so oft ich mich eiucr verworrenen
Masse von kleinen Beziehungen, vor allem, aber
dem Wolilwollen, der Ehrfurcht und der Tank-
das Widersirebcudc scharf begrenzen tonnte, so°
und später eine Festigkeit bewiesen, die man
freilich auch Hartnäckigkeit nenne,! ttmute. Im
allgemeinen aber kaun man wolil aussprechen:
Nur aus der Verbindung eines Lliaiattero mit
eiueui Talente geht das hervor, was man Genie
An einem dieser Tage wurde ich auch zum
Großherzoge beschieden, den ich im sogenannten
römifchen vause in all seiner Schlichtheit und
Natürlichkeit antraf, Er unterhielt sich über
der öslerreiclnschen Zustande schien ihn zu iuter°
effiereu, Nicht er, ader die meisten übrigen
Insten einen Wuusch durchbluten, mich für das
Wcimariülie ?!, ner zu gewinnen, ein Wunsch,
der uicht zngleich auch der mcinige ivar,
?lls ic!, a,n vierte,, Tage meines Aufent- haltes von Goethe Abschied nahm, war er
freundlich, aber abgekühlt. Er wunderte sich,
l'iigte lünzu, daß, wenn ich später von mir
Nachricht geben wolle, es sie sämtlich erfreuen
werde, Also ,,sic" in vielfacher Zahl, nicht ihn,
Er ist mir auch in der Folge nicht gerecht
geworden, insofern ich mich nämlich denn
doch, trol; allem Abstände, für den besten halte,
der nach ihm und Schiller gekommen ist. Tnß
nicht vermindert hat, brauche ich wohl nicht
zu sagen.
Am Tage meiner Abreise gab mir das samt-
hinausgeschickt hatte. Es ging sehr lebhaft her,
und auf mein Wohl und eine glückliche Reise
wurde vehement getrunken. Ich war damals
zum Schlüsse ans «lavier sehte nnd phantasierte,
wobei er die Melodie des sächsischen Posthornes
zum Thema nahm. Ich habe ihn weder früher
noch später so hinreißend spiele» gehört,
Ieua nach Kahla, In Jena wurden Pfevee
gewechselt, Ta aber eben Ferienzeit war, fal,
ich nur einige Studenten in ihrer damals noch
ich bald in die Saale gefallen. Ich war bei
hereinbrechendem Abend im Wagen einge-
schlafen, nnd der Postillion ahmte mein Beispiel
»ach. Plötzlich erweckte mich ein lautes Ge-
schrei, Es kam vou einem Manue, der in
den Vorderfüßen auf dem Abhänge standen, der
hoch und steil in den Fluß hinuntergeht.
Man hatte mir die Verbindung mit Süd»
dentschland von Kahla aus als leicht dargestellt,
sauiuienziitreffen, in der ich, auf gräßlichen
Wegen, als einziger Passagier in der Nacht
gläsi>,>l, langweilte, ohne bei meiner geringen
literarischen Topographie zu wissen, daß sich
>>.'l Tichtcr Nückcrt dort aufhielt, der mir am
ich ihn nicht besuchte. Endlich traf ich mit
einem leidliche,, Eilwagcn zusammen, der mich
bis ,,ach München brachte,
München war damals im Entstehen, Von
Glyptothek fertig, und zwar auch erst von außeu.
Von den Teckeugemäldeu im Innern war erst
der Göttcrsaal im Angriff, Ich hatte den Ge-
zusieigeu uud in ihm deu einzigen Maler kenne,i
zu lernen, bei dem das deutliche Vcwußtsei,,
inchi im Wege stand. In ein nahes Verhält»
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik