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VII, Aphorismen. 531
unterhält- wenn mich aber jemand belehren
will, su seh' ick) niir den Meister vorher zwei- barkeit ist eine süße Pflicht! nur l leine Vc»
Tie Teutschen find und waren eine grüble, '^ ' i allen Tugenden die schwerste und
rische Nation, Ans dicfem ^efichl.>pu»lte läßt ,eltc»ste ist die Gerechtsten ,^au studet zehn
sich ihre ganze Kunst und Wissenschaft erklären. Großmütige gegen eine,,
g >vao sie sich in Tentschland am meiste,,
verwahren, sind die Gemütsluirtungen,
^euu nian in neuester '^,eit gar so viel
maeln, so sollte man bedenken, daß, was die
Galionen vuncinauder nnterscheidet, mehr ihre
Fehler als ihre Vorzüge sind —, und, wen» Vor
zü^e, gerade il,rhervortreten eine Übertreibung
oder nicht gesunde Wischung bcnrtuudct.
Tas ist da« U,,g!iick der Teutschen als Schrift-
helvuüvagt. Jeder glaubt, er müsse »n'ln >V>n,
als er sell'st.
Jede poetische Feuersbrunst bringt, wie jede
vermuten konnte.
Ein Weiser mag und soll höher stehen, a>5
seine, Zeit; der Nichter als solcher nicht, aber
ihr Gipfel soll er srin.
Aus Uhrmachern sind die Teutschen mailn'
macht, und wenn zuletzt die Uhlinachertunst
ganz verloren ist, wird nn'mand nn'hr wissen,
wieviel die Zeit ist, ,
wir uns selbst zu laborieren bewußt sind, kom«
mcu nn>> l^ -ichi wic Vorzüge vor, Tas sollten
der Alten überhaupt nichl v^lg>i',^i!.
?Xan ist nie eifersüchtiger, n>o ivl'iiil man
in der Liede anfängt, zu erkalten. Man traut
dann der ^cln'dtsn nicht mc!,r, weil man dunkel
fühlt, wie wenig einem selbst mehr zn trauen ist.
Jemandem große Verbindlichkeiten schuldig
se!n, hat nichts Unangenehmes, denn die Tank- ^-ir sind gegen keine Fehler anderer in
toleranter, als welche die Karikatur unserer
eigenen sind.
Tic Schurken sind immer praktisch tüchtiger,
als die ehrlichen Lcnte, weil ihnen die -",,itl>
gleichgültig find.
Mit Monarchen ist's wie mit der Tonne,
In der Kirche singen immer die am lautesten,
die falsch singen.
Sinn für den Scherz, sie gmitieren ihu nur,
wenn fie gerade in lustiger ^timmnng sind.
bette, sowie die Gesinnungen während seines
Rausches: ich habe zwei der löanptaposlel des
neuen Katholizismus in diesen Zuständen ge-
erwarte,
Worte verzeiht man iiüenmlls, Vorwürfe
werden rückgegeben, widerlegt, beschwichtigt.
Aber der stillschweigende Vorwurf, der au^ dem
Nenen das Wesen, wie du bist,
stumpfNiemand
ist su sehr in
werdeu, als der höchst Reizbare,
Weuu wir au dem Hverle des ufterprodlen
Mannes einzelne Fehler bemerken, so können
und werden wir oft recht habe»! wenn wir aber
llmsange geirrt, so sind wir in Gefahr, gar
nicht zu wisse», »in wao es sich handelt.
In die Zukunft schauen, ist schwer; in die
Vergangenheit rein zurückblicken, noch schwerer.
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik