Page - 23 - in Josef Strauss - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Image of the Page - 23 -
Text of the Page - 23 -
Marsch
23
polKa française
Wie die Polka Mazur bietet sie Josef Strauss die gesamte Palette an Gestaltungsmöglichkeiten. „Française“
darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch in dieser Polkaform die gesamte dynamische wie rhythmi-
sche Bandbreite genutzt wurde. Die Polka „Feuerfest“ orientiert sich mehr an Wagners „Rheingold“ als
an einem zierlichen französischen Gesellschaftstanz.
Marsch
Märsche gehörten nicht unbedingt zur Lieblingsgattung von Josef Strauss. Deutlich merkt man ihnen
den Auftrags- oder Gelegenheitscharakter an, selten wirken die Themen inspiriert. Die zĂĽndenden Ein-
fälle, die Märsche von Fucik oder Ziehrer auszeichnen, sind seine Sache nicht (im Gegensatz zu den
Genannten war Josef Strauss nie als Militärkapellmeister oder Regimentsmusiker tätig gewesen).
Josef Strauss schrieb Märsche für Adelige, die in dieser Funktion ein „Leibregiment“ hatten, für das sie
einen eigenen Marsch benötigten. Andere Märsche wurden anlassbezogen geschrieben, sie verschwanden
rasch von den Programmzetteln der Konzerte. Nahm ihr Widmungsträger – zufällig oder geplant – später
an einem Konzert teil, wurde der Marsch hervorgeholt. Ihre untergeordnete Bedeutung lässt sich auch
daran ablesen, dass für die Märsche selten gedruckte Orchesterstimmen und noch seltener Bearbeitungen
neben der obligaten Klavierfassung hergestellt wurden. Die meisten Märsche stehen in Es-Dur oder in
einer anderen B-Tonart (jedoch nie in einer Kreuztonart). Klavierausgaben und spätere Stimmendrucke
transponierten fallweise der leichteren Lesbarkeit wegen nach D-Dur. Jedem Marsch werden einleitende
Takte vorangestellt, die Tempo und Themenbeginn markieren. Im Gegensatz zu Polkas erhalten Märsche
keinen eigenen Schlussteil, auf das Trio folgt lediglich die Anweisung „Marsch Da Capo“.
Quadrille
In Paris begegnete Johann Strauss Vater dem „Quadrillenkönig“ Philippe Musard.69 Zurück in Wien
wandte sich Strauss vermehrt diesem Tanz zu.70 Wie zuvor der Cotillon71, erfreuten sich Quadrillen in
Wien großer Beliebtheit bei Tänzern und Ballveranstaltern. Als einziger Gesellschaftstanz wurden sie
„geordnet“ durchgeführt, d. h. der Tanzmeister des Abends richtete die Paare aus und sagte die einzelnen
Figuren an. Die Abfolge der sechs Grundtänze72 war normiert, lediglich die Anzahl der Touren konnte
variieren. Ăśblicherweise verwendeten Komponisten keine eigenen Melodien fĂĽr die Quadrillen, sondern
bedienten sich am reichen Schatz der gerade aktuellen Opern und Operetten. Offenbachs Beliebtheit in
Wien lässt sich an der Häufigkeit ablesen, mit der Josef Strauss dessen Themen verwertete, der Werktitel
lautet dann „Quadrille nach:“, anschließend steht das Bühnenstück, welches das Material geliefert hatte.
Die meisten Tänze setzen direkt mit dem Thema ohne Vorbereitung ein, nur vor „La Poule“ und „Finale“
stehen je zwei Takte, die das Tempo des nachfolgenden Tanzes markieren (bei „La Poule“, welcher im
6/8-Takt steht, sind es zwei von 2. Violine und Viola ausgeführte Takte, die das „Gackern“ des Huhnes
nachahmen).
Wie beim Walzer lassen sich in der Quadrille auffĂĽhrungspraktische Unterschiede nachweisen: Als
Tanz konnten mehrere Teile wiederholt werden, im Konzert wurde nur eine einzige Wiederholung des
ersten Teiles vorgenommen.
69 November und Dezember 1837.
70 Siehe z. B. „Wiener Carnevals-Quadrille“, op. 124 (1840).
71 Sowohl der Cotillon als auch die Quadrille gehören zur Kategorie der Kontratänze.
72 Strauss übernimmt die französischen Titel, diese lauten: „Le Pantalon“, „L’Été“, „La Poule“, „La Trénis“, „La Pastourelle“ und
„Finale“.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Josef Strauss
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Title
- Josef Strauss
- Subtitle
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Author
- Wolfgang Dörner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21404-5
- Size
- 21.4 x 30.0 cm
- Pages
- 496
Table of contents
- Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
- Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
- Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
- Werkverzeichnis
- I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
- II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
- III. Ungedruckte Werke 445
- IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
- IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
- V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
- Anhang