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Hugo Hassinger (1877–1952) 141
für das Deutschtum im Ausland erhielten sie den Auftrag79, eine Denkschrift zur Um-
siedlung der Südtiroler zu verfassen, die von der Volksdeutschen Mittelstelle, dem SS-
Ahnenerbe und dem Reichskommissar für die Festigung Deutschen Volkstums, Heinrich
Himmler, geplant wurde. Darin lieferte Hassinger bevölkerungsgeographische Aspekte
für den geplanten „Reichsgau Beskiden“ und für den „Generalplan Ost“, akzeptierte da-
durch gleichzeitig aber auch Hitlers Umsiedlungspolitik und stellte sich mit seinen For-
schungen in den Dienst der Sache80. Hassinger wollte die Südtiroler in ein Gebiet aussie-
deln, welches die Westbeskiden und deren Vorlande bis zu den Tiefländern der Weichsel
im Norden, der Biała im Westen und der Wasserscheide zwischen Skawa und Raba im
Osten umfasste81. Hassingers Ideen wurden – wie die von anderen Wissenschaftlern und
Institutionen ausgearbeiteten Szenarien – nicht realisiert82.
Auch in den Folgejahren setzte sich Hassinger mit den deutschen Volksgruppen in
Südosteuropa auseinander. Auf einem Vortrag in Breslau 1941 forderte er, dass es auch
einmal zu einer Flurbereinigung des deutschen Volkstums im Donauraum kommen müsse
und zwar in dem Sinn, dass diese zersplitterten und unökonomisch geformten Sprachinseln zu
einer besseren Formung kommen. Die natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen
aller deutschen Sprachinseln müssen genau erforscht sein, wenn das Standortproblem des Aus-
und Einsiedlungsraumes richtig gelöst werden soll83. Zusammen mit dem Arbeitskreis der
SODFG an der Universität Wien (Mitglieder unter anderem Egon Lendl, Otto Brunner
usw.) bearbeitete Hassinger das Projekt „Neuordnung der deutschen Volksgruppengebiete
im Innerkarpatischen Raum“. Diese Forschungen sollten einen Beitrag zur Umsiedlung
von Volksgruppen sowie zur Bestandaufnahme der deutschen Volksgruppen in Ungarn,
in der Slowakei, in Siebenbürgen, in der Batschka, im Banat, in Kroatien, in Slawonien
und in Bosnien leisten. Denn es sollte festgestellt werden, welche Volksgruppen im Interesse
des deutschen Gesamtvolkes und dem der Volksgruppen unbedingt an ihrem Standort belassen
werden müssten, welche besser durch Neugruppierung zu größeren Volksgebieten zusammen-
zuschließen wären84.
79 UAW, NL Hassinger, Kt. 15, Bericht der Arbeitsgemeinschaft für Raumforschung der Universität Wien vom
01.11.1940.
80 FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6) 513, 515.
81 UAW, NL Hassinger, Kt. 25, Denkschrift zur Zukunft der Südtiroler.
82 Zur Umsiedlung der Südtiroler : FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6) 513–515 ; Svatek, Hassinger (wie
Anm. 66) 304–305 ; Dies., Geisteswissenschaftler (wie Anm. 65) 130.
83 UAW, NL Hassinger, Kt. 26, Vortrag Hassingers auf der Tagung deutscher wissenschaftlicher Ost- und Süd-
ostinstitute in Breslau 25.–27. 09.1941 ; Svatek, Hassinger (wie Anm. 66) 304–305 ; Dies., Raumforschung
(wie Anm. 17) 252.
84 UAW, NL Hassinger, Kt. 16, Projektansuchen.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625