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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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470 Reinhard Blänkner Für das Verständnis von Brunners Begriff des „Landes“ reicht somit ein Blick auf des- sen Ort in der zeitgenössischen landesgeschichtlichen Mediävistik nicht aus. Vielmehr verwendet Brunner „Verband, „Landvolk“ und „Fehde“ als systematische Gegenbegriffe zu den drei Elementen „Staatsgebiet“, „Staatsvolk“ und „Staatsgewalt“ der juristischen Allgemeinen Staatslehre133. Vor allem in der kritischen Auseinandersetzung mit ihr, den hieran anknüpfenden soziologischen und historischen Staatstheorien insbesondere Max Webers, Georg von Belows und Otto Hintzes hat Brunner seinen Land-Begriff konstru- iert. Zentrale Aspekte dieses neuen Konzepts hatte Brunner bereits formuliert, bevor er dieses ordnungstheoretisch zu fundieren suchte. Anknüpfungspunkte hierzu boten ihm vor allem die „Volkssoziologie“, wie sie insbe- sondere von Hans Freyer vertreten wurde134, sowie das „konkrete Ordnungsdenken“ Carl Schmitts135. Frühere Schriften beider Autoren hatte Brunner bereits zuvor rezipiert, die Wendung zur Volkssoziologie bzw. zum konkreten Rechtsdenken nach 1933 markiert jedoch eine explizite Wendung beider zum Nationalsozialismus, die auch Brunner seit Mitte der 1930er Jahre vollzieht. Verbunden ist hiermit die Wendung zu einem totalisie- renden Denkstil, der sozialtheoretisch gegen die Interdependenzanalysen der modernen Welt136 sowie polemisch gegen den „liberalen Rechtsstaat“137 gerichtet ist und in die to- talitäre Ideologie einer homogenen politisch-sozialen Ordnung, die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“, führt. 133 Vgl. Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre (Berlin 31921) 394–434. 134 Siehe Hans Freyer, Volkwerdung. Gedanken über den Standort und über die Aufgaben der Soziologie, in : Volksspiegel 1 (1934) 3–9 ; Ders., Gegenwartsaufgaben der Soziologie, in : Zs. für die gesamte Staatswis- senschaft 95 (1935) 116–144. Zu Freyer siehe Jerry Z. Muller, The Other God that failed. Hans Freyer and the Deradicalisation of German Conservatism (Princeton 1987) 122–185, 267–278 ; OBerkrome, Volksgeschichte (wie Anm. 7) 111–116 ; Paul Nolte, Die Ordnung der deutschen Gesellschaft. Selbstent- wurf und Selbstbeschreibung im 20. Jahrhundert (München 2000) 127–159. Siehe generell auch Otthein Rammstedt, Deutsche Soziologie 1933–1945. Die Normalität einer Anpassung (Frankfurt/M 1986) 1986, insbes. 25–69 ; Carsten Klingemann, Soziologie im Dritten Reich (Baden-Baden 1996) insbes. 171–216. 135 Carl Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens (Hamburg 1934) 11–24, 65–67. Zu Brunners Aufnahme der Schmittschen konkreten Ordnungsbegrifflichkeit siehe, wenngleich mit fragwür- digen und irreführenden Auslegungen Algazi, Herrengewalt (wie Anm. 118) insbes. 97–127 ; Ders., Otto Brunner (wie Anm. 118) 171–177. Nicht minder fragwürdig Hans-Henning Kortüm, „Wissenschaft im Doppelpaß“ ? Carl Schmitt, Otto Brunner und die Konstruktion der Fehde, in : HZ 282 (2006) 585–617. Zum Verhältnis Brunner-Schmitt siehe auch Hasso Hofmann, Feindschaft – Grundbegriff des Politischen ?, in : ders., Recht – Politik – Verfassung. Studien zur Geschichte der politischen Philosophie (Frankfurt/M 1986) 212–241, insbes. 215–220 (Erstdruck 1965) ; Quaritsch, Otto Brunner (wie Anm. 10) 836–841. 136 Zur Kritik vor allem an Karl Mannheims Interdependenzdenken siehe Brunner, Verfassungsbegriff (wie Anm. 1) 515. 137 Vgl. ebd. 528. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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