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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Page - 471 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

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Otto Brunner (1898–1982) 471 „Volksgemeinschaft“, deren „Erlebnis“ Brunner beschwört, gilt für ihn neben „Füh- rung“ als einer der beiden „zentralen Verfassungsbegriffe“ der neuen Ordnung des Na- tionalsozialismus138. Beide politische Leitideologeme bilden zugleich die kategoriale Klammer, die die jenseits der politisch-sozialen Trennung zwischen „Staat und Gesell- schaft“ situierte nationalsozialistische Gegenwart mit jener des Mittelalters verbindet. „Nur durch das Land“, so Brunner, „gibt es Landvolk, Volk im Verfassungssinn, aktive Teilhabe am öffentlichen Leben. Liegt im Königtum und dann bei den Landesherren die politische ‚Führung‘, so ist ‚Land‘ eine ältere Form der ‚Volksgemeinschaft‘“139. Gegen den möglichen Einwand einer Rückprojektion von Gegenwartsbegriffen zur Analyse ver- gangener politisch-sozialer Ordnungen, die Brunner der bisherigen positivistischen und liberalen Forschung vorgeworfen hatte, hebt er hervor, dass „wir uns voll bewußt“ sind, „daß konkrete politische Begriffe der Gegenwart nicht einfach verallgemeinert und in die Vergangenheit übertragen werden dürfen, wenn sie ihren eigentlichen Sinn behalten sollen. Zudem beruht die gegenwärtige politische Grundordnung des deutschen Volkes nicht auf einem ungebrochenen Zusammenhang mit älteren Institutionen, sondern ist in der Bewältigung der seit dem 19. Jahrhundert gestellten Aufgaben neu geschaffen worden. Wenn sich in ihr germanische Grundgedanken entfalten, so nicht aus einer Überlieferung äußerer Formen, […] sondern weil es ein deutsches Volk im echten Sinne des Wortes gab, das sich aus seinem Wesen heraus eine neue Ordnung des Daseins geben konnte“140. Das hier vor allem in Auseinandersetzung mit den Schriften von Otto Höfler disku- tierte Problem der „germanischen Kontinuität“ nimmt in „Land und Herrschaft“ einen zentralen argumentativen Platz ein. „Das Wesen von Land und Herrschaft“, so Brunner, „kann trotz tiefgreifender Wandlungen nur aus germanischen Wurzeln verstanden wer- den“. Dabei geht es ihm nicht um den Nachweis einer „Kontinuität bestimmter Gruppen oder Institutionen, die kaum irgendwo nachzuweisen ist, sondern um die Tatsache, daß alle grundlegenden Verfassungsformen des europäischen Mittelalters, sofern sie nicht der kirchlichen Sphäre angehören, nur aus germanischen Wurzeln verstanden werden kön- nen“. Angesichts des „tiefen Grabens, den das 19. Jahrhundert“ bedeute, sei dies das „Entscheidende. Nicht um die einzelnen Einrichtungen und Rechtsinstitute geht es uns, sondern um das deutsche Volk und seine Volksordnung bestimmenden Grundgedanken.“ Von diesem Ausgangspunkt her müsse „die Arbeit an einer germanischen Verfassungsge- schichte neu aufgenommen werden“, in der der „vielleicht wirksamste Faktor […] die ger- manische Treue (ist), die uns heute nicht minder wesenhaft ist, wie sie alle älteren Gebilde durchdringt“. Es sei, so Brunner abschließend, „zu fragen“, ob und „wie weit germanische 138 Vgl. ebd. 517 ; Ders., Land und Herrschaft (wie Anm. 2) 512. 139 Ders., Land und Herrschaft (1943) (wie Anm. 2) 523. 140 Ebd.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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