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Richard Wolfram (1901–1995) 487
Wolfram reichte seine Dissertation 1926 ein und wurde am 25. November desselben
Jahres in Germanistik und Neuskandinavistik promoviert. Dank Unterstützung seines
Doktorvaters, Professor Walther Brecht, einem Vertreter der geistesgeschichtlich orien-
tierten Germanistik, ging die Arbeit 1933 beim Weimarer Verlag Alexander Duncker in
Druck30. Über den implizit politischen Charakter der Arbeit war sich sein Studienfreund
Otto Höfler vollends im Klaren. So schlägt er Wolfram vor, für die Berliner Nazi-ZS.
„Nordische Welt“ […] eine ausführliche Besprechung mit entsprechender Unterstreichung des
„Aktuellen“ zu schreiben. Für alle „nordischen“ Nazis ja äußerst wichtig31. Auch in späteren
Jahren wird Wolfram immer wieder Bezug auf Arndt nehmen. So etwa in einem Vortrag
im Jahr 1942 vor der Deutsch-Schwedischen Vereinigung in Berlin, in dem er ihn als Ver-
treter der deutschen Auflehnung gegen die „gewaltigen Einbrüche westlerischen Geistes,
die im 18. Jahrhundert durch Rationalismus und Aufklärung, im 19. Jahrhundert durch
den Liberalismus gekennzeichnet sind“32, hervorhebt. Arndt sei einer „der Grossen nicht
nur im Kampf um die innere und äußere Wiederaufrichtung Deutschlands, sondern auch
als Vermittler zu nordischen Volkstümern“33. Im Rahmen dieses Vortrages spricht ihm
Wolfram „seherische“ Fähigkeiten zu, wenn er ausführt, Arndt „schwebt ein Bündnis
der germanischen Völker unter deutscher Führung vor. Denn Deutschland allein vermag
Schweden und den Norden gegen die russische Übermacht zu schützen. Das schreibt
Arndt mit seherischen Blick im Jahre 1847 !“34
30 In seinem Vorwort verweist Wolfram darauf, dass er das Manuskript bereits Ende 1925 im Wesentlichen fertig
gestellt hatte und sich Prof. Brecht seither um die Drucklegung bemüht habe. Es seien nur einige Anpassungen
an inzwischen erschienene Literatur vorgenommen worden, außer im letzten Kapitel, das er neuerlich bear-
beitet habe „unter dem Eindruck von Erlebnissen, denen sich wohl kein Deutscher entziehen kann, der sich
wirklich in den Norden einlebt. In gewissen Sinne war es das gleiche Ringen um das nordische Ideal, dass auch
Arndt zu durchkämpfen hatte.“ Wolfram, Arndt (wie Anm. 25) Vorwort.
31 SLIVK, NRW, Briefe 24984-N, Höfler an Wolfram, datiert 01.04.1933. Zu Höfler siehe Anm. 35.
32 Richard Wolfram, Ernst Moritz Arndt und Schweden. Sonderdruck aus : Jomsburg – Völker und Staaten im
Osten und Norden Europas, Jg. VI (1942) H. 1-2, 1-18, 1. Der Vortrag fand laut Stempeldatierung auf der
Rückseite des letzten Blattes des Vortragsmanuskriptes am 18. Aug[ust] 1942 statt. Siehe SLIVK, Nachlass
Wolfram, Vortragskonzept, 1926-N, 23 Blatt, 23. Der Vortrag wurde schließlich in der Zeitschrift „Jomsburg“
veröffentlicht. Die seit 1937 herausgegebene „Jomsburg“ galt als das „publizistische Flaggschiff“ der neuen
deutschen Ostforschung in der NS-Zeit. Vgl. Ingo Haar, Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Ge-
schichtswissenschaft und der „Volkstumskampf“ im Osten (Göttingen 2000) 298.
33 Wolfram, Arndt Sonderdruck (wie Anm. 32) 2.
34 Ebd. 17. Vor dem Hintergrund des seit mehr als einem Jahr tobenden Russland-Feldzuges besaß diese Äuße-
rung einen eindeutigen politischen Charakter. Es liegt daher nahe, seine Tätigkeit in Norwegen im Rahmen
des „germanischen Wissenschaftseinsatzes“ im Rahmen dieser geäußerten Vorstellungen zu sehen.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625