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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Page - 525 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

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Richard Wolfram (1901–1995) 525 senschaftsverständnisses und einer sich entwickelnden jungen Wissenschaftsdisziplin. Sie zeigen das Bemühen, durch Gruppenbildung und Abgrenzungen zu anderen „Schulen“ Deutungshoheit zu gewinnen und Karrieremöglichkeiten zu eröffnen. Sie zeigen nicht zuletzt auch, dass Wissenschaft stets auch als Prozess in einem politischen Kontext statt- findet. Es ist allerdings anzumerken, dass Wolfram im Gegensatz zu den meisten seiner Fachkollegen ein vergleichsweise breit gefächertes Forschungsinteresse aufwies, das über die damals vorherrschende deutschsprachige Volkskunde hinausging. Er war polyglott, bereiste zahlreiche Länder und stand über Jahrzehnte mit gleichgesinnten Fachleuten und interessierten Laien in zahlreichen Ländern in Verbindung. Aber das Kernelement seiner Arbeiten blieb stets die Suche nach „germanischen Quellströmen“, Traditionslinien und „Wesensmerkmalen“, vor allem nach männerbündischen Organisationsformen, Ritualen und Mythen. Es wäre jedoch zu einfach, Wolfram als skurilen „Phantasten“ zu verharm- losen. Wolfram verstand sich (zumindest in den Jahren des NS-Regimes) dezidiert als nationalsozialistischer Wissenschaftler. Seine Tätigkeit in den Jahren 1938–1945 zeigt ihn als einen konsequenten Wissenschaftsmanager im „Ahnenerbe“ der SS in einer mittleren Funktionsebene, der sich die Möglichkeiten eines modernen Wissenschaftsapparates zu Nutze zu machen weiß und sich engagiert an den bevölkerungspolitischen und propagan- distischen Herrschaftsstrategien des NS-Regimes beteiligt. In den letzten Jahren haben verschiedene ForscherInnen begonnen, sich quellenkri- tisch mit der Arbeitsweise, Methodik und den ideologischen Voraussetzungen von Wolf- rams Arbeiten auseinanderzusetzen und dabei die Zeitbedingtheit seiner Methoden und theoretischen Annahmen herausgearbeitet198. Im arbeitstechnischen Bereich war Wolfram durchaus ein „moderner“ Forscher, der dem Einsatz neuer Techniken aufgeschlossen ge- genüberstand und diese auch oft einsetzte (Fragebogentechnik, Filmdokumentation, Ton- aufnahmen). Doch konterkarieren seine theoretischen (ideologischen) Prädispositionen, die in seine Methodik einflossen, die Ergebnisse seiner innovativen Ansätze. Aus diesem Grund müssen auch die Materialsammlungen und Feldforschungsergebnisse Wolframs kritisch hinterfragt werden, denn ein unkritischer Zugang zu diesem Material verhilft aus heutiger Sicht zu keinerlei praktischem Nutzen. Auch unter dem Aspekt, dass das Phänomen der Persönlichkeit im Wissenschaftsge- schehen eine erhebliche Rolle spielen kann, ist Wolfram durchaus von Interesse, denn bis heute umgibt ihn in bestimmten Kreisen der Volkskultur eine „Aura“. Seine Biografie 198 Siehe beispielshaft Kammerhofer-Aggermann, Nutzen und Nachteil (wie Anm. 5), und Olaf Bock- horn, Richard Wolframs Salzburger „Brauchtumsaufnahme“, in : Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1 : Im Winter und zur Weihnachtszeit. Zeitgeist – Lebenskonzepte – Rituale – Trends – Alternativen, hg. v. Lucia Luidold, Ulrike Kammerhofer-Aggermann (Salzburger Beiträge zur Volkskunde 13, Salzburg 2002). Darin eine eingehende Kritik der Methodik und der Ideologielastigkeit der Wolframschen Arbeiten.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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