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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 605
Dagegen wurde mir seltsamerweise nicht gestattet, Einsicht in das korrespondierende Ma-
terial des Archivs des Berliner Auswärtigen Amtes zu nehmen, obwohl doch dieses Amt selbst
den Auftrag erteilt hatte.
Im Verlaufe der Arbeit erging vom Gesandten Prof. [Friedrich] Berber, der von ihr gehört
hatte, an mich die überraschende Zumutung, ihm mein gesamtes Material zur Verfügung zu
stellen ; er hatte bereits in der Essener Verlagsanstalt unter seinem Namen ein Buch ankündigen
lassen, das sich auf mein Material bezog. Ich lehnte Berbers Zumutung ab. Die Folge dieser
Auseinandersetzung war aber, dass die geplante Publikation damals unterblieb.
Nach der Moskauer Deklaration über Österreich vom Dezember 1943 versuchte ich noch-
mals die Frage in Gang zu bringen, da ich der Meinung war, dass es jetzt erst recht notwendig
werde, der Welt zu zeigen, dass wir Österreicher seit 1918 die Vereinigung gewünscht hatten
und diese Vereinigung schliesslich nur durch einen geschichtlichen Zufall in die Hände des
Hitlers gelegt worden war. Trotz der namhaften Unterstützung durch Staatssekretär [Ernst]
von Weizsäcker und meinen lieben Freund Legationsrat Hans Bernd von Haeften gelang es
aber auch damals nicht, das Tor zum Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin zu öffnen. Ich
verzichtete daher in der Folge auf eine Weiterführung des Unternehmens.
Es ist mir aber möglich gewesen, das gesamte von mir gesammelte Aktenmaterial durch die
Katastrophe des Zusammenbruchs zu retten ; es befindet sich noch heute unversehrt in meiner
Hand. Es ist mein Wunsch, es der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung zu stellen. Im
offiziellen Österreich besteht zur Zeit kein Interesse daran. Ich bin aber bereit, diese Arbeit
mit einem deutschen wissenschaftlichen Institut durchzuführen, behalte mir aber die Bearbei-
tung selbst vor, da kaum ein anderer eine so intime Kenntnis der Zusammenhänge der Jahre
1918–1938 von Österreich her gesehen haben kann wie ich, der ich als einziger Einsicht in das
Material bekommen habe und mich mit dem ganzen Fragenkomplex dauernd beschäftigte.
Wien, am 21. Februar 1952.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625