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DIE NORMIERUNG DES ZEREMONIELLS AM WIENER HOF 15
sich zum Teil wortwörtlich in dem Entwurf wiederfindet.46 Dieses Konzept
wurde den Obersten Hofämtern mit der Bitte um Rückmeldung zugesandt
– doch dann scheinen die Arbeiten stecken geblieben zu sein. Eine verbind-
liche Ausarbeitung eines aktualisierten Etiquette-Normales unterblieb. Die
Ursachen dafür können nicht eruiert werden. Möglicherweise besteht ein
Zusammenhang mit einer beruflichen Veränderung Morgenbessers, der im
Hofschematismus von 1826 nicht mehr als Zeremonien-Protokollführers auf-
scheint.47
Wie es bisher am österreichischen Hof Usus gewesen war, wurde bei der
Planung und Durchführung zeremonieller Anlässe weiterhin auf die Vorga-
ben in den Zeremonialprotokollen zurückgegriffen. Nur regelmäßig wieder-
kehrende Ereignisse, wie etwa die Hoftrauer, wurden durch eigene „Ordnun-
gen“ reguliert. Rangfragen, die nach dem Ende des Alten Reiches virulent
wurden, boten immer wieder Anlass für protokollarische Verwicklungen und
wurden daher in Einzelerlässen geregelt.48 Außerordentliche Anlässe, wie
beispielsweise Krönungen oder Eheschließungen, bedurften auch weiterhin
einer individuellen Bearbeitung durch die zuständigen Hofstellen.49
Das Wurmbrand’sche Operat wurde nicht in den Druck gegeben und
scheint nach der unvollendeten Überarbeitung durch Fürstenberg/Mor-
genbesser in Vergessenheit geraten zu sein. Über die Gründe hierfür kann
nur spekuliert werden. Möglicherweise ist die Ursache im Positionswechsel
Wurmbrands zu suchen, der 1816 Obersthofmeister der Kaiserin wurde. Da-
durch war es nicht möglich, die Arbeiten am zweiten Teil des Etiquette-Nor-
males, das dem diplomatischen Dienst gewidmet sein sollte,50 abzuschließen.
Der 1818 ernannte Oberzeremonienmeister Fürstenberg wurde zwar auf den
Text hingewiesen, doch scheint sein Interesse eher in die Richtung der Erar-
beitung eigener Zeremoniellvorschriften gegangen zu sein, die jedoch – wie
bereits ausgeführt – ebenfalls nicht fertiggestellt wurden.
Das von Paumgarten erwähnte Exemplar des Hofzeremonielldepar-
tements kam jedenfalls abhanden und fand in der Literatur bisher keine
Erwähnung. Seine Bedeutung als Quelle für das Selbstverständnis und
die Selbstdarstellung des österreichischen Hofes in den Jahren der For-
mierung des Kaisertums Österreich darf deswegen nicht unterschätzt
46 ÖStA, HHStA, OMeA, HZD, SR Kart. 17, Fasz. 3, Morgenbesser an Fürstenberg [?], dat.
Wien 28. April 1824, sowie ein Entwurf des Etiquette-Normales. Der noch von Stekl, Der
Wiener Hof, S. 51, zitierte „Plan eines Etiquette Normals für den österreichischen Kaiser-
hof, März 1824“ in: ÖStA, HHStA, OMeA, HZD, SR Kart. 9, liegt nicht ein.
47 Hof- und Staatsschematismus des österreichischen Kaiserthums, 1. Teil (Wien 1826), S. 89.
48 Schneider, Wiener Zeremoniell, S. 631.
49 Žolger, Hofstaat, S. 159–160. Schneider, Wiener Zeremoniell, S. 632.
50 Vgl. Abschnitt 1.3.
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194