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I. HAUPTSTÜCK 41
Ludwig von Hessen und Thüringen,23 führte diese Zeremonie auch an ih-
rem Hofe ein, und so wurde es eine Hof-Ceremonie, welche die übrigen Höfe
nachahmten.
Am hiesigen Hoflager ist sie ebenfalls am Gründonnerstage.
Ihre Majestäten erscheinen nach dem gewöhnlichen Hochamte in dem Zere-
moniensaale, wo bereits die Armen an den zubereiteten Tischen versammelt
sind. Se Majestät der Kaiser kommen mit dem männlichen Hofstaate auf die
Seite der 12 Männer, und Ie Majestät die Kaiserinn mit Ihrem Hofstaate auf
die Seite der 12 Weiber, wo sie eigenhändig dieselben abspeisen.
Nach dem Mahle werden die Tafeln weggesetzt und von Ihren Majestäten
die Fußwaschung vorgenommen, worauf Ihre Majestäten die Armen be-
schenkt entlassen.
Im Falle Ihre Majestäten Sich durch kais. Prinzen und Prinzessinnen substi-
tuiren lassen, ist eine andere Begleitung und Bedienung des Hofstaates, wie
solches der Dienstkreis jedes einzelnen Zeremoniel-Individuums beschreibt.
3. Die Entbindungen sind mit folgendem Ceremoniel verbunden:
Bey der herannahenden Niederkunft wird in der Hofburgkirche das Hoch-
würdigste ausgesetzt, [339’] in den Pfarrkirchen aber werden Kollekten einge-
legt und in jeder 3 Ämter,24 nahmentlich 1. de nativitate Xti, 2. de nativitate
B. M. V. und 3. de nativitate B. Joanis Bapt.,25 gehalten.
Bey der Geburth sind – im Falle Ihre Majestät Sich solches nicht ausdrück-
lich verbiethet – die Gemahlinnen der Obersten Hofämter und die am Hofla-
ger angestellten Obersthofmeisterinnen nebst einer Dame du Palais zuge-
gen. Die erfolgte Geburth wird von Sr Majestät dem Ersten Obersthofmeister
durch Kabinetsschreiben notifizirt und der ganze Hofstaat nebst dem Land-
marschall und den obern Ständen versammelt sich zum Glückswunsche.
Drey Tage nacheinander wird in der Kammer Ir Majestät der Kaiserinn Aus-
kunft über Höchstderen Befinden gegeben.
4. Etablissementl ist die Ertheilung eines eignen Hofstaates an einen kaiser-
lichen Prinzen oder Prinzessin, wodurch selber oder selbe (in publicum) in
die Öffentlichkeit tritt.
So lange die Personen der allerhöchsten Familie nicht in publico stehen,
nehmen sie an keiner Feyerlichkeit Theil und erscheinen nur in cognito als
Zuseher.
23 Ludwig IV., Landgraf von Thüringen, Pfalzgraf von Sachsen (1200–1227). Vgl. heineMeyer,
Ludwig IV. der Heilige, Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen.
24 Messämter.
25 Als Teil des Propriums, des wandelbaren Teils der Liturgie; vgl. die Texte im Liber Usualis.
Lat.: Über die Geburt Christi; Über die Geburt der gesegneten Jungfrau Maria; Über die
Geburt des gesegneten Johannes des Täufers.
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194