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I. HAUPTSTÜCK 49
E. Der Sternkreutzorden gründet sich auf den ehmahls am österreichischen
Hofe bestandenen, im Jahre 1662 von der verwittweten Kaiserinn Eleonora50
Majestät eingeführten, wiedererloschenen Frauen-Orden der Sklavinnen der
Tugend, deren 30 an der Zahl waren, und welche als Ordenszeichen am lin-
ken Arm an einem schwarzen Bande eine Medaille trugen, auf welcher sich
die mit einem Lorbeerkranz umgebene Sonne befand, und zur Unterschrift
hatte „Sola ubique triumphat“.51
Für den Orden bestanden eigene Regeln, und selbst protestantische Damen
konnten ihn erhalten.
Zur Stiftung des neuen, nun bestehenden Sternkreuzordens gab ein beson-
deres Ereigniß die Veranlassung:
Am 13ten Februar 1668 brach in der Hofburg unter den kaiserlichen Gemä-
chern ein wüthendes Feuer aus, welches in kurzer Zeit die Hofburg in Asche
legte und viele Kostbarkeiten verzehrte.
Unter diesen befand sich auch ein seit vielen Jahrhunderten in der aller-
höchsten Familie besonders geachtetes Kreuzbild. [347] Als nach 5 Tagen der
Schutt weggeräumt wurde, fand sich dieses Heiligthum unter dem noch glü-
henden Schutte; das Behältniß war verbrannt, sogar das darin befindliche
Metall zerschmolzen, nur das hölzerne heilige Kreutz blieb unversehrt.
Der Bischof von Wienn, Graf Breuner,52 mußte zur Untersuchung dieses
Wunders nach Anweisung des Concilii Trident. sess. 2553 einen Prozeß for-
miren und nach rechtmäßiger Zeugenverhör den Ausspruch thuen: „daß das
Holz des heiligen Kreuzes in dem Feuer wunderthätiger Weise sey erhalten
worden“.54
Hiedurch befand sich Kaiserinn Eleonora ao. 1668 bewogen, zu Ehren des
heiligen Kreuzes mehrere Damen von hohem Adel unter dem Titel „Stern-
kreuzdamen“ zu vereinen und ihnen einen Orden, „Sternkreuzorden“ ge-
nannt, zu verleihen.
50 Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers, Gemahlin von Kaiser Ferdinand III.
(1630–1686). Vgl. Schnettger, Die Kaiserinnen.
51 Lat.: Sie (hier: die Tugend) allein siegt überall.
52 Philipp Friedrich Graf von Breuner, Fürstbischof von Wien, Weihbischof von Olmütz/Olo-
mouc (1597–1669). Vgl. czeike, Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 462.
53 Sitzung 25 des Konzils von Trient. In der Sessio XXV des Konzils von Trient kam es zur
Formulierung eines Dekrets über die Verehrung der Heiligen (und Reliquien), das am 30.
Juni 1564 durch die Bulle „Benedictus Deus“ von Papst Pius IV. bestätigt wurde. Vgl. Je-
din, Geschichte des Konzils von Trient.
54 Zitat aus Eucharius Gottlieb rink, Leopolds des Grossen Röm. Kaysers wunderwürdiges
Leben und Thaten, Bd. 2, S. 626.
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194