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ETIQUETTE-NORMALE FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN KAISERHOF
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Von diesem durch Wailand Pabst Clemens IX.55 in einer eigenen Bulle be-
kräftigten Orden ist die jedesmahlige Gemahlinn des Regenten Großmeis-
terinn.
Die Aufnahme geschieht durch eigene Statuten, doch sind nur katholische
Damen hierzu beruffen.
F. Der Deutsche Orden hat den Pabst56 [347’] zum Stifter, welcher im Jahre
1191 aus den zur Verpflegung der Kranken und Befestigung des christlichen
Glaubens vereinten Brüdern der heiligen Jungfrau zu Jerusalem Heinrichen
v. Waldpot57 zum Oberhaupte erklärte und dem Verein die Regeln des heili-
gen Augustinus58 gab.
Dieser Orden – welcher durch die in mehreren Jahrhunderten erlittenen
widrigen Schiksale bereits seiner Auflösung zuzueilen schien – war in dem
größten Theile der christlichen Welt ausgebreitet, hatte große Besitzun-
gen in Deutschland, Böhmen, Österreich etc. und war nahe daran, seinen
ersten Ruhm zu begründen, als die Prinzen des österreichischen Regen-
tenhauses die Meisterstelle des Ordens an sich brachten; noch mehr be-
stättigte sich diese Hoffnung, als im Jahre 1806 durch den 12t Artikel des
zwischen Österreich und Frankreich geschloßenen Pressburger Friedens59
das Ordens-Meisterrecht dem österreichischen Kaiserhause ausschließend
eingeräumt und kontrahirt wurde, daß diese Stelle nach der Ordnung der
Erstgeburth in der Person und direkten Descendenz desjenigen kaiserlichen
Prinzen erblich verbleiben solle, der von [348] Sr Majestät hierzu bestimmt
wird.
Die Großmeistersstelle erhielt Sr Majestät 4ter Bruder Anton Victor.60
Doch der 4t Artikel des im Jahre 1809 abgeschloßenen Wiennerfriedens61 er-
klärt den deutschen Orden in den rheinischen Staaten für aufgehoben, die
dortigen Besitzungen mit jenen Staaten einverleibt und des Ordens Meister-
stelle nur über die in den österreichischen Staaten begütterten Ritter gültig.
Die Großmeisterswürde blieb nach dem Übereinkommen vom Jahr 1806
dem Erzherzoge Anton Victor.
55 Clemens IX. (1600–1669). Vgl. oSbat, Meloncelli, Clemente IX.
56 Innozenz III. (1160/61–1216). Vgl. hanSt, Innozenz III. (Lothar von Segni). Maleczek, In-
nocenzo III.
57 Heinrich Walpot von Bassenheim († vor 1208). Vgl. forStreuter, Heinrich Walpot.
58 Augustinus von Hippo (354–430). Zur Augustinusregel vgl. MelVille, Müller (Hg.), Regula
Sancti Augustini.
59 Friedensschluss vom 26. Dezember 1805, beendet den Dritten Koalitionskrieg gegen das
napoleonische Frankreich.
60 Anton Viktor, Erzherzog von Österreich (1779–1835). Vgl. bayard, Anton Victor.
61 Friedensschluss vom 14. Oktober 1809, beendet den Vierten Koalitionskrieg gegen das
napoleonische Frankreich.
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Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194