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ETIQUETTE-NORMALE FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN KAISERHOF
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nach erfolgter Fußwaschung zurückempfängt und sie dem Oberststablmeis-
ter zustellet.
Endlich präsentirt Er Sr Majestät während der Vertheilung der Geschenke
an die Armen Allerhöchstselbem die Tasse, worauf diese Geschenke liegen.
13. Bey Entbindungen veranstaltet der Erste Obersthofmeister – nach vor-
läufig erwirkter Weisung Sr Majestät – die Einlegung der Kollekten in den
Pfarrkirchen.
Bey herannahender Entbindung läßt er in sämmtlichen Pfarreyen das Hoch-
würdigste aussetzen, und nach erfolgter glücklicher Niederkunft veranstal-
tet er durch den Oberhofceremonienmeister die Einladung des Ni. Oe. Land-
marschalls und des die Taufe verrichtenden Pontificanten.
Zugleich wird das Kriegsministerium wegen der Vollziehung der hiebey ge-
wöhnlichen militäri-[367’]schen Feyerlichkeiten angegangen.
14. Die Etablirung der allerhöchsten Familienglieder wird durch den Ers-
ten Obersthofmeister nach dem Befehle Sr Majestät eingeleitet und durch
ihn der Vorschlag sowohl wegen des Sustentationsbeytrages als wegen des
nöthigen Hofstaates und der Einrichtungserforderniße gemacht.
15. Die Funktion bey Brautwerbungen ist folgende:
a. Wenn Se Majestät oder die regierende Person eine Prinzessin, die sich
in den Erbstaaten befindet, zur Gemahlinn zu nehmen beschließen, ist der
Erste Obersthofmeister jederzeit, nach vorläufig erhaltener allerhöchster
Bevollmächtigung, der brautwerbende Hofkomissär.
In dieser Eigenschaft begiebt er sich im feyerlichen Zuge in das Palais der
Prinzessin, wirbt bey Höchstderen Ältern und Vormündern in einer an-
gemessenen Rede um die Hand der Prinzessin, und nach erhaltener Ein-
willigung erklärt er Dieselbe mit Beylegung des Titels Euer Majestät den
Anwesenden für die allerhöchste Braut; sodann bringt er Sr Majestät die
pflichtgemässe Meldung über den Erfolg seiner Bothschaft.
Die Ehepakten werden in seinem Hause abgefaßt, und zur Unterzeichnung
derselben erscheint er im Palais der allerhöchsten Braut, [368] um im Falle,
wo Se Majestät nicht selbst unterzeichnen, im allerhöchsten Nahmen zu un-
terfertigen, in welch letzterer Beziehung jedoch zu bemerken ist, daß Er je-
derzeit vor dem Staatskanzler unterzeichnet.
b. Wenn Se Majestät oder die regierende Person um eine auswärtige Prin-
zessin werben, ist der Erste Obersthofmeister der Brautwerber und folgt der
Ceremonie des dortigen Hofes.
c. Wenn um eine österreichische Prinzessin ein gekröntes Haupt vom höchs-
ten Range wirbt, werden die Ehepakten von ihm gemeinschaftlich mit dem
auswärtigen Bevollmächtigten in seinem Hause abgefaßt und von ihm zu-
erst unterfertiget; sollte jedoch der fremde Bevollmächtigte durch Krankheit
verhindert seyn, in der Behausung des Ersten Obersthofmeisters zu erschei-
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194