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ETIQUETTE-NORMALE FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN KAISERHOF
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Als Leiter der Hofpolizey schlichtet er alle bey Hofe und auf den Lustschlös-
sern [379’] vorfallenden Polizeyübertrettungen und sorgt für die Verhinde-
rung aller derley Ereigniße. In dieser Beziehung ist ihm die Hofburgwache
und der Hofprofoßhauptmann zugewiesen, und die Hoffouriers sind von ihm
als Komissairs in den Hofgebäuden aufgestellt. Unter seinem Stabe stehen:
– die Hoffouriers,
– der Hofeinspanier,
– der Hoffouriersansager,
– der Hofprofoß,
– die Hofburgwache in politischer Hinsicht.
Seine übrigen Vorzüge erhellen aus der weitern Darstellung.
Der allgemeine Wirkungskreis des oberSthofMarSchallS im Hofceremoniel
erstrekt sich auf die äussere Ordnung, weßwegen er bey jeder Art von Hof-
feyerlichkeiten alle militärischen und politischen Einleitungen zu treffen
und für die Ruhe und zweckmässige Ordnung sowohl in den äußern Gemä-
chern der Hofburg als auf den Strassen und Plätzen, wo der Hof erscheint,
zu wachen hat.
„Er erscheint in seiner Eigenschaft als Obersthofmarschall zu Hoffeyerlich-
keiten nur dann, wenn Se Majestät zugegen sind.“
Seine speziellen Verrichtungen bey den verschiedenen Ceremonien sind:
1. Bey allen Kirchengängen, wo kein Ordensritter erscheinet, macht der
Obersthofmarschall die Begleitung Sr Majestät und nimmt den Platz im Ora-
torio der allerhöchsten Herschaften oder, wenn Se Majestät in der Kirche er-
scheinen, auf dem für die Obersten Hofämter bestimmten Platze, nach dem
Geheimrathsrange. [380]
2. Zu dem feyerlichen Gottesdienst am Gründonnerstage macht Er die glei-
che Begleitung Sr Majestät wie bey den übrigen Kirchengängen und emp-
fängt nach dem Oberstkämmerer das heilige Abendmahl.
3. Bey Dankfesten, welche Se Majestät in auswärtigen Kirchen abhalten las-
sen und wozu Se Majestät erscheinen, ist sein Dienst, daß er – wenn Aller-
höchstdieselben im öffentlichen Staate einen feyerlichen Aufzug halten – Sr
Majestät nachreite, wenn aber Se Majestät à la campagne erscheinen, sich
vor der Ankunft in der betreffenden Kirche einfinde, sodann den Empfang
mache, übrigens aber gleiches Verhalten wie bey Kirchengängen beobachte.
Wenn Se Majestät in cognito erscheinen, macht er keinen Empfang, sondern
begiebt sich gleich nach Ankunft in der Kirche auf den zubereiteten Platz.
4. Zur Frohnleichnamsprozession macht er die Begleitung bey der Farth in
die Kirche gleichmässig wie bey Dankfesten.
In der Prozession hat er – wenn keine Ordensritter erscheinen – den Platz
wie bey Kirchengängen, wenn aber Solche erscheinen, hat er in seiner Eigen-
schaft keinen Rang.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194