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ETIQUETTE-NORMALE FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN KAISERHOF
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3. Die Erzherzoglichen Dienstkämmerer sind den k.k. Prinzen und Prinzes-
sinnen zur gewöhnlichen Kammerbedienung beygegeben.
Sie haben gleichmässiges Verhalten mit den bey I.I. M.M. dienenden Käm-
merern und genießen den Vorzug, daß sie in Ermanglung eines Obersthof-
meisters bey ihren Herschaften diesen Dienst versehen, wobey jedoch zu er-
innern ist, daß sie den Zutritt bey Hofe nur in die Rathstube, nicht aber in
die Kammer haben und bey öffentlichen Hoftafeln zwar ihrer Herschaft den
Sessel rüken, aber hinter demselben unter der Estrade stehen.
Sie erhalten ihre Anstellungsdekrete von dem Ersten Obersthofmeister.
VII. Die Mundschenke, welche unter der Leitung des Oberststablmeis-
ters sind und über dessen an den Ersten Obersthofmeister zu machenden
Vorschlag von Sr Majestät dem Kaiser ernannt werden, erscheinen bey öf-
fentlichen Ceremonientafeln zur Verrichtung des Tafeldienstes, und wenn
sie nicht in der Eigenschaft als Mundschenke fungiren, haben sie mit den
Truchseßen gemeinschaftlich die Tafelservirung zu verrichten.
Der Tafeldienst des Mundschenkes aber besteht darin, daß er die Mundglä-
ser an dem Credenztisch übernehme und mit der Soucoupe umgewendet zur
Tafel überbringe, selbe auf den Tisch setze und nach empfangenen – von
dem Edelknaben nachgetragenen – Karafinen die gewöhnliche Credenzirung
vollziehe, bevor er die Karafinen auf den Tisch stellet; bey dem Trinken aber
die Soucoupe [414] mit gehöriger Ehrfurcht präsentire.
Übrigens haben sie, wenn sie nicht fungiren, bey öffentlichen Tafeln unter
der Estrade die Aufwartung zu machen, und bey allen übrigen Feyerlichkei-
ten haben sie gleiches Verhalten mit den Truchseßen, unter welchen sie sich
auch rangiren.
VIII. Die Vorschneider sind ebenfalls zur Verrichtung des Tafeldienstes, wel-
cher für sie darin besteht:
daß sie zum Händewaschen Sr Majestät – welches auch bey der Fußwa-
schung der Fall ist – das Wasser aufgießen, von den Truchseßen die Speisen
übernehmen und an ihr gehöriges [sic] Ort auf die Tafel setzen.
Übrigens haben sie ausser der Funktion jedesmahl unter der Estrade die
Aufwartung zu machen, und bey allen übrigen Feyerlichkeiten haben sie
gleiches Verhalten mit den Truchseßen.
IX. Die Truchsesse, deren Funktionen sich eigentlich auf den Tafeldienst be-
schränken und welche zu dem äußern Hofstaate92 gerechnet werden, erschei-
92 Zu „innerem“ und „äußerem“ Hofstaat vgl. Žolger, Hofstaat, S. 150.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194