Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Page - 52 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 52 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung

Image of the Page - 52 -

Image of the Page - 52 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung

Text of the Page - 52 -

52 M. Gamper Ein weiterer wichtiger relationaler Denker ist Sigfried Nadel. Der öster- reichische Ethnologe unterscheidet zwischen Rolle, Beziehung und sozialer Struktur. Hierbei können soziale Beziehungen einen generellen Charakter (z. B. Freundschaft) besitzen. Sie sind es, die den Wert einer Rolle beschreiben und die Rolle definieren, die wiederum Erwartungen bei den Akteur*innen im Netzwerk hervorruft: „Thus we take ‚friendship‘ to be evidenced by a variety of mutual ways of acting, perhaps visible on different occasions, such as help in economic or emotional re-responses“ (Nadel 1957, S. 9). Für den Soziologen Nobert Elias (2006) spielen Netzwerke für seine Gesell- schaftsanalyse eine essenzielle Rolle. Er spricht hier von Figurationen und meint damit, dass Individuen in Dependenzen zueinander stehen und das soziale Mit- einander, und damit auch die Akteur*innen selbst, beeinflussen. Ein Netzwerk umfasst „[…] viele Menschen, die kraft ihrer elementaren Ausgerichtetheit, ihrer Angewiesenheit aufeinander und ihrer Abhängigkeit voneinander auf die verschiedensten Weisen aneinander gebunden sind und demgemäß miteinander Interdependenzgeflechte oder Figurationen mit mehr oder weniger labilen Macht- balancen verschiedener Art bilden“ (Elias 2006, S. 15). Dieser offene Mensch („Homines aperti“) besitzt demnach eine relative Autonomie, er ist jedoch von Geburt an andere Akteur*innen ausgerichtet und auf diese in einem Machtgefüge angewiesen (Elias 2006, S. 169). Eine wichtige prägende Figur in der aktuellen theoretischen Debatte ist wohl der Physiker und Soziologe Harrison White (2008). Mithilfe des relationalen Denkens versucht er zu erklären, wie Akteur*innen ihre Identität entwickeln. Soziale Identitäten, wie beispielsweise Mann/Frau oder Migrant*in/Nicht-Mi- grant*in, sind nach White nicht gegebene Fakten, sondern werden in sozia- len Netzwerken erst konstruiert. Sie sind nicht gegeben, vielmehr werden sie in Bezug zu anderen Akteur*innen in einem bestimmten Netzwerk ausgehandelt. Akteur*innen setzen sich demnach in Relation zu anderen und versuchen, damit ihre Identität zu konstruieren und zu stabilisieren. Diese Strukturen sind dyna- misch und bestehen aus sogenannten „stories“, also Geschichten, geteilte Ver- gangenheiten oder ausgetauschte Erfahrungen, die Akteur*innen übereinander erzählen und miteinander teilen. Diese Geschichten (stories) konstruieren die Identitäten der Akteur*innen- und ihre Beziehungen zueinander und machen uns zu dem, was wir sind (z. B. Mann/Frau). Die kleine Auswahl an „Grand Theories“ soll die unterschiedlichen relationa- len Denkweisen kurz vorstellen und spiegelt die Debatte in sehr verkürzter Form wider: Netzwerke werden als Grundlage gesellschaftlichen Handelns oder auch von Identität gesehen. Sie sind der Ursprung des Handelns oder werden durch Handlung beeinflusst und besitzen einen universellen Erklärungsanspruch.
back to the  book Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten Eine neue Perspektive für die Forschung
Title
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Subtitle
Eine neue Perspektive für die Forschung
Authors
Andreas Klärner
Markus Gamper
Sylvia Keim-Klärner
Irene Moor
Holger von der Lippe
Editor
Nico Vonneilich
Publisher
Springer VS
Location
Wiesbaden
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-658-21659-7
Size
14.5 x 21.0 cm
Pages
436
Category
Medien

Table of contents

  1. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
  2. Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
  3. Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
  4. Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
  5. Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
  6. Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
  7. Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
  8. Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
  9. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
  10. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
  11. Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
  12. Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
  13. Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
  14. Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
  15. Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
  16. Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten