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411Desiderata:
Soziale Netzwerk und gesundheitliche Ungleichheiten …
• Alter-Alter-Beziehungen beeinflussen Netzwerke in reicheren Schichten stär-
ker als in ärmeren, womit Zugänge zum Gesundheitssystem erleichtert wer-
den, wobei die Weichen hierfür schon während der Jugend gestellt werden.
• Mangelnde Pflegebereitschaft im hohen Alter ist oftmals das Resultat von
negativen Beziehungen in früheren Zeiten, wobei „ärmere Alte“ schwerer
betroffen sind als reichere.
• Gesundheitliches Risikoverhalten ist geeignet, die Position im Netz-
werk zu verbessern (etwa die Zentralität), aber nur wenn das Gesamtnetz
diese Möglichkeit erfolgreichen Vergleichens befördert – etwa, weil andere
Netzwerkteilnehmer*innen besser mit Kapital ausgestattet sind. Derartige
Netzwerkmechanismen bleiben auf die Jugend beschränkt, weil sich danach
die Netzwerke sozial homogenisieren.
5 Ausblick: Anforderungen an zukünftige
Forschung
Für die Formulierung von Desiderata für die zukünftige Forschung kommen wir
noch einmal auf das anfangs vorgestellte Modell zurück (siehe Kap. „Soziale
Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Forschungs-
perspektive“) und ordnen den dort beschriebenen Analyseebenen unsere Schluss-
folgerungen zu.
Für die oberste Modell-Ebene in Abb. 1 gilt nach wie vor die Forderung, dass
soziale Ungleichheiten eine conditio sine qua non der Gesundheitsforschung sein
sollten. Der zunehmende durchschnittliche Wohlstand der westlichen Industrie-
staaten ist aktuell mit wachsender sozialer Ungleichheit verbunden (Alvaredo
et al. 2018), wobei sich beide Entwicklungen auf Gesundheit auswirken. Der
soziale Wandel hin zur digitalen Wissensgesellschaft und -ökonomie (Reck-
witz 2017) als Teil der „entfesselten Moderne“ (Giddens 2001) birgt erheb-
liche Risiken für Ungleichheit, Entbindung und Flexibilisierung mit sich, deren
Umwandlung in Chancen hohe Aufwendungen, funktionale Netzwerke ein-
geschlossen, durch das Individuum verlangen. Kategorien von Ungleichheit,
sowohl horizontale als auch vertikale, dynamisieren sich möglicherweise im Kon-
text digitaler Ökonomien. Mobilitäten, soziale wie räumliche, verlangen nach
sozialem Kapital, deren Einschluss in Vorhersagemodelle für Gesundheit damit
ein Standard werden sollte.
Die Objektivierung dieses sozialen Kapitals verlangt nach der möglichst
genauen Messung von sozialen Netzwerken (Modell-Ebene 2 in Abb. 1).
Die uneinheitliche und stellenweise nicht zielführende Messung von sozialen
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369