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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Volume I
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Page - 122 - in „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Volume I

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122 Tagebücher lich gemischt war, welches man besonders beym souper und beym hinein- drängen ins theater bemerkte, wo ich Julie Albani (neugebauer) beinahe vom Erdrücken rettete; derselben begegnete beim Wegfahren noch eine aventure; es kam nämlich gerade als sie einstieg, ein Herr die Stiege her- abgelaufen und sagte ihr, es sey ihm sein mantel abhanden gekommen, und sie möchte ihn nach Hause führen; sie deprecirte, da sie ihn nicht kannte, er aber sprang mir nichts, dir nichts in den Wagen, schlug die portière zu, und weg fuhren sie, ce qui arriva après, je l’ignore. ein paar tage später traf ich Abends bey samoiloff den Prinzen louis napoléon de montfort, sohn Jerôme Bonapartes, mit seinem Adjutanten Bentivoglio, der von florenz, wo sein vater lebt, nach stuttgardt reist, da er in würtembergischen Diensten Leutnant ist;1 es ist ein junger mensch von 19–20 Jahren, sieht aber sehr farniert aus und soll, wie die leute bezeugten, ich aber nicht finde, Napoleon sehr ähnlich sehen; wenn man von Jemand weiß, daß er blind ist, sagt lichtenberg, glaubt man es ihm von hinten anse- hen zu können.2 morgen ist der erste hofball, und so fängt nach und nach der fasching sich zu zeigen an; er ist übrigens hier nie sehr belebt und wird es heuer, wo kein gouverneur da ist, noch weniger seyn. gestern war das erste der kleinen sontagskränzchen [sic] bey hofe, wozu nur 10–12 tänzerinnen, meistens mädchen von 14–15 Jahren, und 15–16 robuste tänzer auf robott commandirt werden; ich wurde nicht geladen zum großen Ärger Gabrielle’s und des ganzen hofes, welcher es nicht begreifen kann, da ich mehr als ir- gend sonst Jemand in mailand berechtigt war, mir diese einladung zu er- warten; es ist auch nichts als eine der gewöhnlichen und bekannten Capri- cen der erzherzogin, welche gabrielle, weil sie ihr zu hübsch ist, mit ihrem üblen Humor verfolgt; Gabrielle ist übrigens so gescheidt sich gar nichts daraus zu machen, besonders da sie nicht um ihre Person, sondern bey den 2 töchtern ist, die die Attention und freundlichkeit selber sind, und sich daher dieser Humor auf grimmige Gesichter beschränkt; daß sie mich nicht einlud, sollte eine demonstration gegen Gabrielle seyn; mir war dadurch ei- gentlich ein wahrer dienst erwiesen, denn es soll nichts ennuyanteres und 1 es muss sich um napoleon Joseph Bonaparte, Prinz von montfort, handeln, und nicht um seinen cousin louis napoleon, den späteren kaiser napoleon iii. dafür spricht sowohl der hinweis auf das Alter – louis napoleon war bereits 31 Jahre alt –, als auch auf titel und dienst. napoleon Josephs 1835 verstorbene mutter war eine tochter des württem- bergischen königs, sein vater Jêrome (wie louis napoleons vater louis ein Bruder von napoleon i.) trug seit 1816 den titel eines herzogs von montfort. 2 der spruch stammt aus den „sudelbüchern“ von georg christoph lichtenberg: Wenn man einmal weiß, dass einer blind ist, so meint man [man] könnte es ihm auch von hinten anse- hen.
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Subtitle
Tagebücher 1839–1858
Volume
I
Author
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Editor
Franz Adlgasser
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
744
Keywords
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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