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April 1841
ist, daß sie die capelle Borghese enthält von Paul v. Borghese gebaut, mit
einer beispiellosen Profusion von marmor und edelsteinen und superben
Fresken von Guido Reni; vis-à-vis ist das Grabmal von Sixtus V. mit dessen
statue. endlich fuhr ich in die Académie de france (villa medicis) in der
Hoffnung, die Gemälde des Direcktors Mr. Ingres zu sehen; diese waren aber
schon verpackt, da er nächstens abreist und durch Schnetz ersetzt wird; ich
sah also die gemäldesammlung der elèves, jedoch nichts besonderes.
da ich mir die erlaubniß verschafft hatte, in der französischen Académie
bey dem modelle zeichnen in der scuola del nudo zugegen seyn zu dürfen
und einige Bekannte mitzubringen, so kamen Abends nach 6 uhr Wenk-
heim, lotzbeck und karaczonji zu mir, in der hoffnung ein wirkliches mo-
dell zu sehen; wir sahen aber blos einen Mann, welches mich übrigens bei-
nahe nicht weniger interessirte; wir blieben ungefähr eine Stunde in der
Academie; der Mann stand ganz nackt auf einer Erhöhung, wohlbeleuchtet,
und rund um ihn herum saßen die elèves, die ihn also von allen seiten ab-
zeichneten; das Ding war recht hübsch zu sehen.
nachher ging ich mit jenen herrn einen Augenblick zu Baron geimüller,
wo wir eine cigarre rauchten, und ich ging dann nach hause, nachdem ich
noch mit Wenkheim und cebrian eine große tournée für heute verabredet
hatte.
heute früh ging ich daher zu meinem großen herzeleid, indem es mich
immer einen wahren entschluß kostet vor 12 uhr auszugehen, schon um 9
uhr aus, frühstückte mit jenen Beyden im caffé du bon goût und fuhr dann
mit ihnen zuerst über das forum romanum mit allen seinen herrlichkei-
ten, bey dem Platze wo der circus maximus gestanden und beinahe spurlos
verschwunden ist, vorbey, zu den Bädern des Caracalla; es war aber Nie-
mand da, sie uns aufzusperren, und so sahen wir diese immensen ruinen
nur von außen; inwendig sollen sie besser conservirt seyn als die des Dio-
cletian; dann fuhren wir weiter über die Via Appia, bey der Kirche Domine
quo vadis hielten wir an; da läuft diese Straße durch, und deren Pflaster,
auf dem sankt Peter, als er aus rom flüchten wollte, christus begegnete,
existirt noch, und man sieht noch den Abdruck seiner füße, welcher stein
aber in der kirche san sebastiano aufbewahrt wird. von da ging es zu den
gräbern der scipionen, wo aber nichts mehr zu sehen ist als der eingang,
die monumente sind im vatican, dann durch den Arcus drusi, die Porta
tiberii und die alten mauern roms, zwischen hundert und hundert ruinen
durch, zu den Columbarien; diese sind Mausoleen mit kleinen Nichen in den
Wänden, in denen jede eine urne mit Asche und gebeinen und darunter die
betreffende Inschrift steht; man steigt mehrere Stufen hinab; es gibt 2 sol-
che columbarii, und man sagt, daß das eine zum Begräbniß der vestalinen
gedient hat.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume I
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- I
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 744
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien