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Der Weg ins Freie
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6Kapitel Als Georg aus dem kühlen Stadtrestaurant, in dem er seit einigen Wochen mittags zu speisen pflegte, auf das sommerheiße Pflaster trat und den Weg nach Heinrichs Wohnung einschlug, war sein Entschluß gefaßt, die Reise ins Gebirge schon in den nächsten Tagen anzutreten. Anna war ja darauf vorbereitet, hatte ihm sogar selbst zugeredet, auf ein paar Tage wegzufahren, seit sie fühlte, daß die eintönige Lebensweise der letzten Zeit ihm Langeweile und innere Unruhe zu verursachen begann. Vor sechs Wochen, an einem lauen Regenabend, waren sie nach Wien zurückgekehrt, und Georg hatte Anna geradenwegs von der Bahn in die Villa gebracht, wo in einem großen, aber ziemlich leeren Zimmer mit schadhaften, gelblichen Tapeten, beim trüben Schein einer Hängelampe, Annas Mutter und Frau Golowski die Verspäteten seit zwei Stunden erwarteten. Die Tür auf der Gartenveranda stand offen, draußen fiel der Regen klatschend auf den Holzboden, und der laue Duft befeuchteter Blätter und Gräser zog herein. Beim Schein einer Kerze, die Frau Golowski vorantrug, besichtigte Georg die Räumlichkeiten des Hauses, während Anna abgespannt in der Ecke des großen mit geblümtem Kattun überzogenen Sofas lehnte und auf die Fragen der Mutter nur müde zu antworten vermochte. Bald hatte Georg von Anna gerührt und erleichtert Abschied genommen, war mit ihrer Mutter in den Wagen gestiegen, der draußen wartete, und während sie über aufgeweichte Straßen in die Stadt fuhren, hatte er der befangenen Frau mit gekünstelter Beflissenheit die gleichgültigen Erlebnisse der letzten Reisetage berichtet. Eine Stunde nach Mitternacht war er zu Hause, verzichtete darauf, Felician zu wecken, der schon schlief, und streckte sich im langentbehrten eignen Bett mit ungeahnter Wonne nach so vielen Nächten zum ersten Heimatschlummer aus. Seither war er beinahe jeden Tag zu Anna aufs Land hinaus gefahren. Wenn es ihn nicht zu kleinen Umwegen über die Sommerfrischen der Umgebung lockte, konnte er zu Rad leicht in einer Stunde bei ihr sein. Öfters aber nahm er die Pferdebahn und spazierte dann durch die kleinen Ortschaften bis zu dem niedern, grün gestrichenen Staketzaun, hinter dem, im schmalen, leicht ansteigenden Garten das bescheidene Landhaus mit dem dreieckigen Holzgiebel stand. Nicht selten wählte er einen Weg, der sich oberhalb des Dorfes zwischen Gärten und Wiesen hinzog, und stieg dann gerne den grünen Hang aufwärts, bis zu einer Bank am Waldesrand, von wo der Blick auf die 181
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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